F. W. Schiek: Großes Mikroskop von Prof. Peter Krukenberg


Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63 Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63 Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63 Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63 Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63 Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63 Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63 Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63 Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63 Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63

Großes Schiek Mikroskop von 1840. Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und gebeiztem Messing, blankem und gebläutem Stahl. Das Mikroskop ist an einer stählernen Prismenstange aufgebaut, welche über ein Gelenk mit einer messingnen Säule auf einem Dreifuß verbunden ist und das Umlegen des Stativs ermöglicht. Das Instrument verfügt zur Beleuchtung über einen zweifach gelagerten Plan- und Konkavspiegel, die Apertur der Beleuchtung kann durch eine Revolverlochblende mit drei Öffnungen reguliert werden.
Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: GrobtriebMikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: FeintriebDie grobe Fokussierung erfolgt über einen Trieb, der auf eine stählerne Zahnstange wirkt, welche in die zur Führung dienende Prismenstange aus Stahl eingelassen ist und den Tubus relativ zum Tisch des Mikroskops bewegt. Der Feintrieb wiederum bewegt den Tisch entlang der optischen Achse, das zugehörige Rändelrad ist am unteren Ende der Prismenstange befestigt.

Der Tisch des Mikroskops verfügt über Bohrungen, um neben der vierfach gelagerten Pinzette und Lanzette auch das weitere umfangreiche Zubehör aufzunehmen. So können mit dem Mikroskop sowohl Objektträger beliebiger Art mit einer Objektklemme gehalten werden, als auch mit einem aufsetzbaren Kreuztisch runde Objektträger, die dem Instrument beigegeben sind. Dieser Kreuztisch dient zudem der Aufnahme des Schiek'schen Kompressoriums bzw. des Insektenglases.

Für feinste laterale Messungen ist dem Instrument ein Schraubenmikrometer nach Fraunhofer beigegeben - es kann mit zwei Rändelschrauben an der Tischplatte fixiert werden. Die Schraube des Mikrometers hat eine Steigung von 0,27 mm (ein Hunderstel Pariser Zoll); der Kopf der Schraube ist in 100 Teile geteilt und verfügt über einen Nonius, der jedes Inkrement auf ein Zentel genau ablesen lässt. Dies erlaubt damit Messungen von 100'000stel Pariser Zoll, demnach 0,27 Mikrometer (!).

Die Signatur des Instrumentes befindet sich auf dem Tubus:

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: SignaturSchiek in Berlin
No 63

Ausgestattet ist das Mikroskop mit den Okularen Nr. 1., Nr. 2., Nr. 3. und Nr. 4., von einem fünften Okular ist nur noch die Augenlinse vorhanden. Das sechsteilige Satzobjektiv ist aus achromatischen Systemringen mit den Schlagzahlen 1, 2, 3, 4, 5 und 6 zusammengesetzt.

Das Mikroskop ist bis auf die Probeobjekte, die Kondensorlupe, die Handpinzette und die feuchte Kammer vollständig und funktionstüchtig erhalten. 

Zum Transport wird das Instrument mit eingeklapptem Dreibein in die mit schwarzem Samt ausgeschlagene Holzschatulle aus Mahagoni verstaut. Drei Schubladen in dieser Schatulle nehmen die Objektträger, Deckgläser und die handschriftlichen Beschreibungen des Instruments und der ehemals vorhandenen Probeobjekte auf.

Die handschriftliche Gebrauchsanleitung liest sich wie folgt:

Mikroskop F.W. Schiek No. 63: Anleitung Die Vergrößerungen des beifolgenden
Mikroskops können, theils durch die 5 dazu
gehörigen Oculare, theils durch die 6 Objectiv-
Linsen auf das Mannigfaltigste verändert
werden. Das beigehende Täfelchen giebt dar-
über Auskunft, auf welchem zugleich die
Liniar=Vergrößerungen angegeben sind.
Dabei ist aber zu beachten, daß nur die Objectiv=
Linse No 1., allein für sich genommen ein deut=
liches Bild giebt; wogegen die übrigen Linsen
nur in den Combinationen, wie sie in dem
Täfelchen aufgeführt stehen, die berechnete
Wirkung hervorbringen. Die Linsen müs=
sen aber ja recht rein gehalten und der et=
wa darauf gefallene Staub mit einem
weichen Haarpinsel entfernt werden;
das Abwischen derselben hingegen geschieht
am besten mit alter feiner recht rein ge=
waschener Leinwand.
Bei schwachen Vergrößerungen thut man
wohl, sich des Planreflections=Spiegels zu
bedienen; indeß muß der werte Beobachter
selbst ausprobieren welche Beleuchtungsart
die Vorteilhafteste ist. Wohl zu erwägen ist
jedoch, daß die Beobachtungen transparenter
Objecte nicht unmittelbar am Fenster, sondern
etwas entfernt davon geschehen müßten,
wodurch die Beleuchtung zweckmäßiger
wird. Auch hier muß der geehrte Beobachter
durch eigne Erfahrung den richtigen Stand=
punkt zu ermitteln suchen.
Im Ocular No 1. sind 3 Fäden gezogen die
72 par. Linie von einander entfernt stehen.
Das Schraubenmikrometer wird so auf den
Objectentisch des Mikroscops gebracht, daß der
getheilte Knopf zur rechten Hand zustehen komt.
Mikroskop F.W. Schiek No. 63: Anleitung Ist dies geschehen so werden zur größeren Be=
festigung, die in dem Kasten befindlichen Schrau=
ben an die, unter dem Objectentische hervorste=
henden, stählernen Schraubengewinde ange=
schraubt; um dann in die obere ringförmige
Oeffnung Eins der mitgegebenen Glasplättchen
eingelegt, um das Object darauf zu behandeln.
Diese ringförmige Oeffnung ist, vermitteltst
der geränderten Scheibe, um die Axe des
Gesichtsfeldes beweglich, oder drehbar. Die
vorne befindliche Schraube dient dazu, das
Object genau in die Mitte des Sehfeldes zu
bringen. Die Angabe des Mikrometers
ist 0,00001. eines pariser Zolles; nämlich:
100 Umdrehungen sind 1 pariser Zoll. Da
nun der Knopf in 100 Theile getheilt ist, so
ist ein solcher Theil ~0,0001 eines Zolles;
der Nonius theilt einen solchen Theil in
10 Theile, folglich in 100tausend Theile ei=
nes par. Zolles.
Das bewegliche Tischchen wird über Eck
auf den Objectentisch des Mikroscops
aufgesetzt so, daß die Knöpfchen der bei=
den Schrauben nach Innen zu, zur rechten
und linken Hand des stählernen Prismas
zustehen kommen.

Neben der Gebrauchsanleitung ist dem Mikroskop eine Vergrösserungstabelle und eine Liste der (heute nicht mehr vorhandenen) Probeobjekte beigegeben: Maximal drei der Systemringe des Objektivs  können untereinander kombiniert werden, es ergeben sich so Vergrösserungen von 25 bis 2200 fach linear.
Mikroskop F.W. Schiek No. 63: Vergrößerungstabelle Mikroskop F.W. Schiek No. 63: Liste der Probeobjekte

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Pinzette montiert

Probe=Objecte

1. Feder vom Kolibri
2. Schuppe vom Zander
3. Flügel von einer Mücke
4. desgleichen von einer Stubenfliege
5. Linden=Holz
6. Birken=ditto
7. Weißbuchen=do
8. Tannen=do
9. Hamster=Haare
10. Maulwurf=Haare
12. Fledermaus=Haare
13.
14. Schuppen von verschiedenen
15. Schmetterlingen
16.

Das hier gezeigte Mikroskopstativ bzw. die Instrumente aus der Werkstatt von Schiek werden in der Literatur der Zeit mehrfach besprochen und die Preislisten dabei wiedergegeben. So beschreibt der angesehene Pathologe Karl Julius Vogel (1814-1880) die Mikroskope von Schiek 1841 ausführlich, offenbar ist ihm die Feineinstellung der Mikroskope jedoch nicht bekannt (Julius Vogel: Beitraege zur Kenntniss der Saefte und Excrete des menschlichen Koerpers im gesunden und kranken Zustande / Erster Band: Anleitung zum Gebrach des Mikroskopes zur zoochemischen Analyse und zur mikroskopisch-chemischen Untersuchung ueberhaupt. Leopold Voss; Leipzig 1841: 123-125):Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Beleuchtungsapparat

1. Mikroskope von Schiek in Berlin.

Adresse: J. W. Schiek, Dorotheenstrasse Nro. 31. g. in Berlin.

Die Mikroskope von Schiek sind verticale Instrumente: ihre verschiedenen Arten unterscheiden sich nur in der Grösse und der Menge des Zubehörs von einander, sie gleichen in ihrer Form und Einstellung alle der auf T. II Fig. 2 gegebenen Abbildung.

Ihr Fuss (A) besteht aus 3 Metallstäben, welche beim Einpacken des Instrumentes zusammengeschlagen werden können. Vom Fuss geht eine Säule (a) aus. an welche der Objecttisch (E) unbeweglich befestigt ist; er unter sich eine bewegliche Blendung (e'). Der Spiegel (J) ist doppelt, auf der einen Seite ein Planspiegel, auf der anderen ein Hohlspiegel. Von der Säule a geht eine prismatische Metallstange a' aus; an welcher der Körper des Mikroskopes (B) durch ein Triebrad (x) auf- und abbewegt wird. Alle Schiek'schen Mikroskope haben blos eine grobe Bewegung, die feine fehlt. Auf Verlangen wird das Gestelle a gebrochen, so dass der Körper und Objecttisch nicht nur vertical, sondern auch schief und horizontal (vgl. Fig. 5 T. II.) gestellt werden können.

Schiek giebt seinen Mikroskopen 6 achromatische Objectivlinsen bei, welche in verschiedenen Combinationen gebraucht werden können (die schwächste Linse ist mit Nro. 1 bezeichent, die stärkste mit Nro. 6), ferner 3 - 4 gewöhnliche und ein aplanatisches Ocular (das aplanatische Ocular trägt Nro. 0, das schwächste einfache Ocular Nro. 1 u. s. f.), Beleuchtungslinse, verschiedenen Zubehör an Gläsern u. dgl.

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: KreuztischDie verschiedenen Arten der Schiek'schen Instrumente und ihre Preise sind im folgenden (die Preise sind in Preuss. Courant; die Emballage wird extra berechnet):

1. Grösste Mikroskope, mit 6 aplanatischen Objectivlinsen, 1 aplanatischen Ocular, 5 einfachen Ocularen, 1 sphärischen Glasprisma (Prisma nach Selligue) zur Lichtverstärkung, 1 grosser Lichtverstärkungslinse auf einem Gestelle, 1 Schraubenmikrometer, 1 beweglichen Objecttisch, 1 Schiek'sches Compressorium, 1 Sömmering'schen Spiegelchen zum Zeichnen, 1 Thierbüchse, 1 Pincetten-Nadelapparat, 1 gewöhnliche Handpincette, 4 Schiebern mit Probeobjecten, 6 lange, 6 runde Objectgläsern (Bedeckungsplättchen), 1 Loupe: Alles zusammen in einem sauber gearbeiteten, sehr hübsch eingerichteten Mahagonikästchen.

Die Vergrösserung geht von 18 bis 2500 Mal Dchm.

P. Ct. Thl. 220

2. Dieselbe Größe mit weniger Zubehör: enthält 6 aplanatische Objectivlinsen, 5 einfache Oculare, 1 Schraubenmikrometer, 1 beweglichen Objecttisch, 1 Beleuchtungslinse für opake Objecte, 1 Thierbüchse, 1 Pincetten-Nadelapparat, 1 Handpincette, 4 Schieber mit Probeobjecten, 6 runde, 6 lange Objectgläser, 1 Loupe, Alles in hübschem Mahagonikasten.

Vergrösserung 25 bis 2500 Mal Dchm.

P Ct. Thl.180

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Schiek'sches Kompressorium3. Mikroskope mittlerer Grösse enthalten 6 aplanatische Objectivlinsen, 3 einfache Oculare, 1 Beleuchtungslinse, 1 beweglichen Objecttisch, 1 Thierbüchse, 1 Pincetten-Nadelapparat, 1 Handpincette, 4 Schieber mit Probeobjecten, 6 lange, 6 runde Objectgläser, Alles in hübschem Mahagonikasten.

Vergrösserung 25 bis 800 Mal Dchm.

P. Ct. Thl. 110

[…]

Ein Schraubenmikrometer einzeln. Thl. 30

Ein aplanatisches Ocular einzeln.

Ein Schiek'sches Compressorium. à Thl. 4

Aus dieser Zusammenstellung geht der Preis von 184 Thalern für das hier gezeigte Mikroskop hervor.

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Schiek'sches Kompressorium auf dem KreuztischOffenbar liegt Vogel zu jener Zeit nur ein mittleres Mikroskop Nr. 3 von Schiek ohne Feintrieb vor. Denn schon 1839 werden die Mikroskope Nr. 1 und Nr. 2 mit Feintrieb wie folgt beschrieben (F.W. Barfuß: Optik, Catoptrik und Dioptrik; Bernh. Fr. Voigt; Weimar 1839):

§ 195

Interessant ist noch das Mikroskop von Schiek. - (Taf. XXVI, Fig. 3). das Gestell besteht aus einer Säule A und aus drei Füßen B, C, D. Oben auf der Säule ist ein Charniergelenk, E angebracht, und mit demselben das dreieckige Stahlblatt mit Stange F verbunden, auf welcher letzteren das Support J des zusammengesetzten Mikroskopkörpers, sowie auch das Stativ des Objecttisches ist. Die weitere Stellung wird durch die Schraube H bewirkt, indem dadurch der Körper auf der dreieckigen Stange auf- und abwärts geschoben werden kann. Die feine Stellung dagegen wird mittelst der Schraube L bewirkt, deren Mutter M mit dem Stativ N verbunden ist, so daß der Objecttisch auf diese Weise gehoben und gesenkt werden kann. Der Spiegel O hat die gewöhnliche Einrichtung.

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Kreuztisch Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Kreuztisch mit Kompressorium Eine vergleichende Diskussion der Mikroskope ist von Matthias Jacob Schleiden (1804-1881) überliefert. Der angesehene Botaniker schreibt als Außerordentlicher Professor an der Universität Jena im Jahre 1842 (M. J. Schleiden: Grundzüge der wissenschaftlichen Botanik nebst einer Methodologischen Einleitung als Anleitung zum Studium der Pflanze. Verlag von Wilhelm Engelmann; Leipzig 1842: 128):

Ich habe fast die ausgezeichnetsten Mikroskope der neueren Zeit zu vergleichen Gelegenheit gehabt, besitze selbst vielleicht die beiden besten Instrumente, die je von Schiek und Plössl verfertigt sind, und habe eine ziemliche Uebung im Gebrauche des Instrumentes.

Schleiden vergleicht die zu jener Zeit gefertigten Mikroskope (ebd.: 124-125): Ich glaube nicht, dass mit irgend einem Mikroskop, welches jetzt in Europa verfertigt wird, eben viel mehr sehen kann als mit der Combination der drei stärksten Objective und des applanatischen Oculars bei den Plössl'schen Mikroskopen, obgleich sie nur eine etwa zweihundertmalige lineare Vergrösserung giebt.

Bei den stärkeren Vergrösserungen desselben Künstlers, bei denen das applanatische Ocular nicht concurrirt, sind zwar die Dimensionen ansehnlicher, man unterscheidet aber nicht mehr Puncte und Linien im Bilde, sieht also auch nicht mehr, sondern nur etwas bequemer.

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: ObjektivMikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: OkulareAus den vorstehenden Erörterungen ergiebt sich, dass man, um sichere und von optischen Fehlern möglichst freie Resultate zu erhalten, sich bei einfachen Mikroskopen nur der achromatischen Doppellinsen, bei den zusammengesetzten Mikroskopen nur der achromatischen und wenigstens mit applanatischen Objectiven versehenen Instrumente bedienen müsse. Die besten Arbeiten liefern gegenwärtig ohne Zweifel Schiek in Berlin und Plössl in Wien. Pistor hat in neuerer Zeit auch angefangen, Mikroskope zu verfertigen, die wenigstens den genannten am nächsten kommen, obwohl sie dieselben keineswegs erreichen. Die Plössl'schen Instrumente stehen in allen Combinationen, in welchen die stärkste Objectivlinse nicht concurrirt, den Schiek'schen ziemlich gleich. Dagegen sind alle Combinationen mit den drei stärksten Objectiven wohl vorzuziehen und das Ausgezeichnetste, was mir bis jetzt in dieser Hinsicht vorgekommen ist. Hinsichtlich der äusseren Einrichtung scheinen mir die Schiek'schen den Vorzug zu verdienen, doch wird hier viel auf Gewöhnung ankommen. Die Messingarbeit ist bei Schiek unbedingt besser. Nach den genannten werden wohl die neueren Instrumente von Charles Chevalier in Paris zu nennen seyn; ich habe zwar keine davon gesehen, glaube es aber aus den damit von den Franzosen erhaltenen Resultaten schliessen zu dürfen. Die neueren englischen Instrumente scheinen den genannten so weit nachzustehen, dass man sie gar nicht vergleichen darf. Auch von ihnen habe ich zwar keines gesehen, aber es wird doch ohne Zweifel nicht an gewandten Beobachtern in England fehlen, wenn daher ausser von Rob. Brown in letzter Zeit in England gar keine auch nur irgendwie bedeutende mikroskopische Untersuchung in der Botanik geliefert sind und das, was sie sagen, sich häufig durch einen flüchtigen Blick in unsere Instrumente widerlegt, so kann die Schuld wohl nur der Mangelhaftigkeit ihrer Instrumente beigemessen werden.

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Objektklammer und ObjektträgerBei der ersten Allgemeinen Deutschen Gewerbe-Ausstellung im Zeughaus Unter den Linden im Jahre 1844 ist Schiek einer der Berliner Unternehmer, die zu den insgesamt gut 3000 Ausstellern zählen. Ein ausführlicher Bericht dokumentiert, was die mehr als 250000 Besuchern dieser Ausstellung deutscher Gewerbeerzeugnisse zu sehen bekommen. Hier werden die Mikroskope von Schiek beschrieben (Amtlicher Bericht über die allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844. Zweiten Theiles erste Abtheilung: Berg= und Hütten=Produkte, grobe Metall=Arbeiten, Metall=Fabrikate und kurze Waaren, Instrumente, Uhren und Chronometer, Maschinen und Ackergeräthe, Gegenstände des Eisenbahn= und Schiffsbauwesens enthaltend. Verlag von Karl Reimarus; Berlin 1846: 417-420):

II. Optische Instrumente.

Die unter dieser Überschrift zu begreifenden nicht sehr zahlreichen Einsendungen, lassen sich ihrer Natur nach in vier verschiedene Gruppen sondern, nämlich Fernröhre [sic!], Mikroskope, Brillen und Daguerrotype, in welcher Reihenfolge wir die ausgestellt gewesenen Apparate hier abhandeln wollen.

[..]

b. Mikroskope, Loupen etc. Unter den noch zu besprechenden optischen Instrumenten nehmen die Mikroskope, in Bezug auf Vollendung der Ausführung und auf die Leistung, entschieden die erste Stelle ein. Dies wird Jedermann zugeben, wenn er hört, daß sich darunter sieben Instrumente von Schiek in Berlin befanden.

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Schraubenmikrometer

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Schraubenmikrometer

Außerdem hatten nur noch zwei Berliner Mechaniker Mikroskope eingeliefert, während von Außerhalb jeder Beitrag fehlte.

Nr. 212 W. Hirschmann, Mechanikus in Berlin, hatte zwei große Mikroskope zu 85 und 70 Rthlrn., und zwei kleine zu 40 und 35 Rthlrn. ausgestellt. Unter jenen war das zweite nach der Konstruktion von Oberhäuser ausgeführt, zu allen aber Kron-und Flintglas aus der Schweiz, nämlich von daguet in Solothurn, verwendet. Aussteller hat sich durch seine optischen Instrumente einen guten Ruf erworben, dem die obigen Arbeiten durch ihre tüchtige Ausführung vollständig entsprachen.

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Schraubenmikrometer am Tisch montiertNr. 466. Vom Mechanikus G. Öhme in Berlin war ein Mikroskop mit drei achromatischen Objektiv=Linsen zum Preis von 52 Rthlrn. ausgestellt. Der dazu gehörige Objektentisch konnte mit zwei Schrauben beliebig unter dem Mikroskop bewegt werden, während die genaue Einstellung mittelst einer feinen Schraube geschah.

Die mechanische Arbeit ließ nichts zu wünschen übrig, und mit Rücksicht darauf war der Preis ganz angemessen.

Unter Nr. 1944 lagen uns von F.W. Schiek in Berlin sieben verschiedene Mikroskope vor, die größeren mit mikrometrischen Messvorrichtungen, die kleineren mit einer Mikrometer-Bewegung zum Einstellen versehen. Darunter zwei große zusammengesetzte Mikroskope, das Stück nebst Mahagonikasten zum Preise von 200 Rthlrn.; zwei dergleichen mittlerer Größe, das eine nach Französischem Modell gearbeitet zu 130 Rthlrn., das andere zum Preise von 110 Rthlrn.; ein kleines Mikroskop in einem Mahagonikasten, bis auf die dazugehörigen Objektivlinsen vollständig, zum Preis von 80 Rthlrn.; ein kleines zusammengesetztes Mikroskop und ein dergleichen kleinster Gattung in einem Kästchen, jedes zum Preise von 40 Rthlrn.

Schiek's Leistungen sind besonders rühmenswerth, und verdienen unsere ganze Anerkennung. Dieser tüchtige Mechaniker, welcher früher vorzugsweise in mathematischen Instrumenten arbeitete, hat sich in neuerer Zeit mit großem Erfolg auf diesen, für die Wissenschaft so wichtigen Artikel geworfen. Der dermalige Stand der Chemie und Physiologie, der Gang, den die Naturforschung überhaupt einschlägt, haben das Mikroskop zu einem der wichtigsten Instrumente gemacht; verlangen von ihm aber auch besondere Schärfe und Reinheit, größtmögliche Helligkeit und Deutlichkeit bei sehr bedeutender Vergrößerung. Diese zum Theil im umgekehrten Verhältnis zu einander stehenden Eigenschaften zu vereinigen, ist die keineswegs leichte Aufgabe bei Anfertigung der Mikroskope. Indeß steht hierin Schiek, dessen ganzes Augenmerk den fraglichen Instrumenten zugewendet ist, dem bekannten Oberhäuser und Plößl nicht nach; er hat wie diese mit der Vorzüglichkeit der Instrumente darauf Bedacht genommen, die Anwendung derselben und ihre Gemeinnützigkeit nicht durch zu hohe Preise zu schmälern.

Heute erhaltene Mikroskope der hier gezeigten Bauart mit Stativstange auf Gelenk aus der Werkstatt von Schiek und geliefert bis 1845 sind:
  • Mikroskop Nr. 1 mit Feintrieb, signiert Schiek in Berlin / No. 51 (Mikroskopsammlung des Polytechnischen Museums Moskau, Inventurnummer PM 007990 (MIM 310))
  • Mikroskop mit Feintrieb, ohne Schraubenmikrometer, signiert Schiek in Berlin / No. 60 (Optisches Museum der Ernst-Abbe-Stiftung Jena: "Großes Zusammengesetztes Mikroskop / Friedrich Wilhelm Schiek, Berlin / um 1840")
  • Mikroskop Nr. 2 mit Feintrieb, signiert Schiek in Berlin / No. 63 (das hier beschriebene Instrument)
  • Mikroskop Nr. 1 mit Feintrieb, signiert Schiek in Berlin / No. 65 (Mikroskopsammlung des Polytechnischen Museums Moskau, Inventurnummer PM 007989 (MIM 106))
  • Mikroskop ohne Feintrieb, mit beweglichem Objekttisch und Schraubenmikrometer, signiert Schiek in Berlin / No. 81 (Hunterian Museum and Art Gallery, University of Glasgow: "Bentham's microscope", Inventurnummer GLAHM 105682)
  • Mikroskop Nr. 1 mit zusätzlicher Polarisationseinrichtung, signiert Schiek in Berlin / No. 87 (Sammlung des Medical Historical Museum Copenhagen: "Schiek's large microscope, signed ‚Schiek in Berlin No.87'")
  • Mikroskop Nr. 1 mit Feintrieb, signiert Schiek in Berlin / No. 174 (Mikroskopsammlung des Polytechnischen Museums Moskau, Inventurnummer PM 007986 (MIM 322))

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Schraubenmikrometer am Tisch montiertIm Auslieferungsbuch von Schiek sind diese Instrumente verzeichnet als:

  • Ein größtes Mikroskop für die Akademie in Wilna [Nr.] 51
  • [Textverlust] Mikroskop mit Mikrometerschraube für Professor Bischoff in Heidelberg [Nr.] 60
  • [Textverlust] Mikroskop für Herrn Geheimrath Krukenberg in Halle [Nr.] 63
  • [Textverlust] Mikroskop für die Akademie der Wissenschaften in Petersburg [Nr.] 65
  • Mittleres Mikroskop mit schr. Mikrometer Herrn Bentham in London [Nr.] 81
  • großes Mikroskop an Herrn Staatsrath Withusen in Copenhagen [Textverlust Nr. 87]
  • Ein großes Mikroskop für die Universität zu Kiew 31. Oktober [18]45 [Nr.] 174

Vergleicht man diese Listen und obige Preisliste, werden folgende Konstruktionsmerkmale der Mikroskope von Schiek deutlich:

  • Mikroskop Nr. 1, das größte Mikroskop, ist mit Feintrieb und umfangreichem Zubehör ausgestattet
  • Mikroskop Nr. 2, das große Mikroskop, ist im Stativ identisch mit Nr. 1, einzig das Zubehör ist nicht so umfangreich
  • Mikroskop Nr. 3, das mittlere Mikroskop, verfügt weder über Feintrieb, noch über das Schraubenmikrometer, beides wird aber gegen Aufpreis geliefert und im Auslieferungsbuch gesondert erwähnt.

Offenbar handelt es sich bei den an die Akademien und Universitäten gelieferten Mikroskopen jeweils mit um die ersten Instrumente dieser Art an den jeweiligen Forschungseinrichtungen. Als ein Indiz hierfür kann das oben erwähnte Mikroskop Schiek in Berlin / No. 60 im Optisches Museum der Ernst-Abbe-Stiftung Jena herangezogen werden. Es trägt im Kasten nämlich zwei Inventurschilder der Anatomie in Heidelberg:

Anatomische Anstalt Heidelberg / Microscop Nr. 2 / (Schiek in Berlin No. 60.) / Stativ (grosses Stativ) / Oculare 1.2.3. / Objective 1.2.3.4.5.6. - Lupe / 2 Klemmer - stählerne Pinzette / Feuchte Kammer, Schraubenmikrometer, Beleuchtungslinse

nach dem zweiten Schild um 1900 wird das Mikroskop um Objektive von Leitz ergänzt:

Anatomische Anstalt zu Heidelberg. / Mikroskop No. 2. / (Schiek in Berlin No. 60) / Oculare 1. 2. 3. und Objective 1.2.3.4.5.6. 4.5.7.8. (die beiden Letzter. v. Leitz) - Lupe - Schraubenmikrometer - Klammer - Beleuchtungslinse - stählerne Pinzette

Dieses Mikroskop mit der Inventurnummer 2 gelangt jedoch nicht bereits 1844, sondern frühestens 1856 in die Universität Heidelberg. Denn in Botanische Zeitung 14 (28): 496 heisst es in der Ausgabe vom 11. Juli 1856:

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Kasten des MikroskopsDurch Ernst Mohr in Heidelberg und durch alle Buchhandlungen ist zu erhalten: Verzeichnis der von dem verst. Professor G.W. Bischoff in Heidelberg hinterlassenen Pflanzen-Sammlungen, welche nebst einem vorzügl. Schieck'schen Mikroskop und einer Sammlung mikroskopischer Präparate am 21. Juli d. J. in einzelnen Faszikeln versteigert werden.

Medizinhistorisch interessant ist die Einführung von Mikroskopiekursen für Studenten an der Universität Heidelberg 1854. Erst in jenem Jahr wird den angehenden Ärzte im Studium das Erlernen des Mikrokopierens angeboten. In einem Bericht aus dem Oktober 1854 geht hervor, welche Mikroskope der europäischen Hersteller hierbei angewandt werden (Deutsche Klinik. Zeitung für Beobachtungen aus deutschen Kliniken und Krankenhäusern. (41) (14. October 1854): 459):

Bericht aus deutschen Kliniken und Krankenhäusern.

Kurzer Bericht über den von Hofrath Dr. Hasse und Dr. M.A. Höfle im Sommer-Semester 1854 an der medicinischen Klinik zu Heidelberg abgehaltenen Cursus mikroskopischer Demonstrationen.

Mitgetheilt von

Dr. M. A. Höfle.

Da der klinische Lehrer sich in seinen Vorträgen meist darauf beschränken muss, die Resultate mikroskopischer und chemischer Untersuchungen anzuführen, so hat sich längst das Bedürfniss geltend gemacht, die Anleitung zur Untersuchung von Krankheitsproducten in besonderen Cursen zu ertheilen. In Heidelberg hatte Ref. seit 10 Jahren zu wiederholten Malen solche Curse gegeben, musste sich jedoch, da ihm nur geringe Mittel zu Gebot standen, und namentlich eine eigene Klink fehlte, mehr auf Demonstrationen beschränken, als dass den Zuhörern Gelegenheit zur selbständigen Tätigkeit gegeben werden konnte. Dem letzteren Bedürfnisse wurde nun in weiterem Umfange dadurch abgeholfen, dass der Director der medicinischen Klinik, Hofrath Prof. Dr. Hasse, selbst den Entschluss fasste, in Gemeinschaft mit dem Ref. einen Curs "pathologisch-anatomischer Demonstrationen am Mikroskop" zu eröffnen. Im verflossenen Sommer (1854) wurde nun ein geräumiger Saal im vierten Stockwerke des Hospitals, welcher sehr passendes Licht gewährt, mit den nöthigen Utensilien ausgestattet, worin 14 Mikroskope (10 grosse und kleine Oberhäuser, 2 grosse Plösselt [sic!], 1 Schiek, und 1 Kellner 1) aufgestellt waren, so dass jeder Teilnehmer des Curses (welchen mehrere Instrumente eigenthümlich angehörten) sein besonderes Mikroskop im Gebrauch hatte. Die Uebungen fanden zwei Mal in der Woche, je zweistündlich, statt, übrigens konnten die Theilnehmer auch Zwischenzeit zu Beobachtungen benützen.

1) Bei einer vorgenommenen Vergleichung der verschiedenen Instrumente zeichnete sich das Kellner'sche Mikroskop vor allen durch Schärfe und Lichtstärke aus.

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: PinzetteAuf der Sitzung der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Botanische Section vom 26. Januar 1860 umreißt Ferdinand Cohn die Entwicklung der Mikroskope (Königlich bayerische botanische Gesellschaft in Regensburg [Hrsg.]: Flora oder allgemeine botanische Zeitung, Neue Reihe XVIII (8) (28. Februar 1860): 128):

II. Der Secretär der Section Cohn gab eine Vergleichung der neuesten deutschen Mikroskope. Er zeigte, wie erst seit dem Jahre 1824 das zusammengesetzte Mikroskop durch Oberhäuser in Paris zu einem wissenschaftlichen Instrument geworden, wie in den darauffolgenden Jahren ausser ihm insbesondere Amici in Florenz, Schiek in Berlin, Plössl in Wien in ihren mikroskopischen Leistungen den ersten Rang auf dem Continent erreicht, wie aber in den letzten 10 Jahren seit Einführung der schiefen Beleuchtung und bestimmter Probeobjecte die Anforderungen an ein vollkommenes Instrument sich gesteigert und wesentliche Verbesserungen eingetreten seien. Zur Erläuterung des Vortrags dienten vier neue Mikroskope ersten Ranges aus den bedeutendsten Werkstätten Deutschlands, von Schiek in Berlin, Kellner (jetzt Belthle und Rexroth) in Wetzlar, Plössl in Wien und Benèche und Wasserlein in Berlin, deren Leistungen durch schierige Bacillarienschalen (Pleurosigma angulatum) und eine Robert'sche [sic!] Probeplatte geprüft wurden.

Bei dem hier gezeigten Mikroskop handelt es sich laut Auslieferungsliste der Firma Schiek und nach der Provenienz (s.u.) um das Instrument von Prof. Dr. Peter David Krukenberg (1787-1865).

Ausschnitt aus der Kundenliste von F.W. Schiek

Peter David Krukenberg wird als fünftes Kind des Apothekers Johann Jakob Krukenberg in der Rathsapotheke in Königslutter am Elm geboren. Nach dem Schulbesuch tritt er 1804 in das Collegium anatomico-chirurgicum (das spätere Carolinum) in Braunschweig ein, wechselt 1808 an die Universität Göttingen und promoviert dort 1810. 1811 geht er an die neu gegründete Universität Berlin und kommt dort vor allem mit zwei ihn sehr prägenden Ärzten in Kontakt: Einer der ersten Ordinarien der Charité, Johann Christian Reil (1759-1813), welcher sich seinerseits als Berater von Wilhelm von Humboldt (1767-1835) bei Universitätsgründung der Berliner Universität (1810) hervortut und mit einer Veröffentlichung aus dem Jahre 1803 als Begründer der naturwissenschaftlichen Psychiatrie gilt. 1813 verstirbt Reil an einer Typhusinfektion, die er sich offenbar als leitender Arzt des Hospitals der Völkerschlacht bei Leipzig zugezogen hat; zwei Jahre später heiratet Krukenberg dessen Tochter Auguste Reil. Einen nachhaltigen Einfluss auf Krukenberg hat zudem sein weiterer Berliner Lehrer, Ernst Ludwig Heim (1747-1834), der bereits seit 1783 am Gendarmenmarkt eine Praxis mit 3000 bis 4000 Patienten pro Jahr betreibt und als Armenarzt viele der armen Patienten kostenlos behandelte und nicht selten auch die Arzneikosten übernimmt. Heim macht bei der Behandlung der Patienten keine Unterschiede, und ist nicht zuletzt durch seine witzige und direkte Art beim einfachen Volk sehr beliebt.

Peter Krukenberg (1787-1865). Abb. aus: 250 Jahre Universität Halle / Streifzüge durch ihre Geschichtein Forschung und Lehre. Max Niemeyer Verlag, Halle (Saale) 1944Die von Peter David Krukenberg 1840 neu erbaute Klinik. Abb. aus: 250 Jahre Universität Halle / Streifzüge durch ihre Geschichtein Forschung und Lehre. Max Niemeyer Verlag, Halle (Saale) 1944Krukenberg schließt sich 1813 dem Freicorps Lützow als Soldat an, später dient er in diesem als Divisionsarzt.

Als Krukenberg im Oktober 1814 wegen einer Typhuserkrankung um seinen Abschied aus dem Freicorps bitten muss, hebt Lützows Entlassungsorder rühmlichst hervor den ausgezeichneten Eifer seines ersten Arztes, seine Fachkenntnis, den Muth und seine Kaltblütigkeit im feindlichen Feuer. (C. Barries: Peter Krukenberg vormals Geheimer Medicinalrath Doctor und Professor der Medicin der medicinischen Klink zu Halle. Verlag von Richard Mühlmann, Halle 1866).

Direkt im Anschluss wird Krukenberg 1814 zum außerordentlichen Professor der Universität Halle ernannt, wo er die Vorlesungen zur Therapie übernimmt und mit der provisorischen Leitung der Klinik betraut wird. Das Staatsexamen legt Krukenberg 1815 in Berlin ab.

Nachdem 1816 Ordinariat und Klinikleitung Christian Friedrich Nasse (1778-1851) übertragen wird, erhält Krukenberg 1816 die Genehmigung ein Poliklinikum zu errichten, für welches er jährlich 400 Taler als Zuschuss aus staatlichen Mitteln gewinnen kann. In diese Poliklinik integriert Krukenberg das städtische Armenlazarett. Nach Nasses Weggang folgt 1822 die Ernennung Krukenbergs zum ordentlichen Professor für Pathologie und Therapie sowie zum Direktor der Universitätsklinik. Krukenberg gilt in seiner Zeit als ausgezeichneter Wissenschaftler, publiziert selbst jedoch leider sehr wenig. Rufe nach Kasan, Kiel, Göttingen und Heidelberg lehnt er ab und prägt stattdessen nachhaltig die Medizin an der Universität Halle. Hier integriert Krukenberg gegen die Widerstände seiner konservativen Kollegen die Fächer Chirurgie, Gynäkologie und Psychiatrie in die klinische Ausbildung und wird bei dem Ausbau der klinischen Einrichtungen durch den preußischen Staat unterstützt. Halle wird so zum Muster für andere deutsche Universitäten. Krukenberg gilt als ungemein arbeitsam, so hält er drei Mal am Tag Vorlesungen, welche im Sommer bereits um 6 Uhr beginnen und schränkt seine klinischen Aufgaben auch an Sonn- und Feiertagen in keiner Weise ein. Er legt bereits früh großen Wert auf Sektionen, die er selbst ausführt; so kann ein ausführlicher Leichenbefund jeder entsprechenden Krankheitsgeschichte beigefügt werden.

1837 wird Krukenberg vom König zum Geheimen Rath ernannt und erhält kurz darauf einen Ruf nach Heidelberg. Als er seine Bleibebedingungen nennen soll, stellt er keine Bedingungen, spricht aber den Wunsch nach einem neuen Gebäude für die medizinische Klinik aus. Diesem Wunsch wird sehr rasch stattgegeben und zu Neujahr 1840 kann der Bau bezogen werden, in den neben der medizinischen Klinik auch die Poliklinik einzieht. In eben jenem Kontext erwirbt Krukenberg 1840 das hier gezeigte große Mikroskop für 184 Taler. Zum Vergleich sei hier der Jahresetat der Klinik genannt, inklusive der kostenfreien Versorgung von der 8000 bis 10000 Patienten mit Medikamenten beträgt dieser in jener Zeit nur 1000 Taler, mit denen Krukenberg sehr sorgfältig wirtschaftet.

In 250 Jahre Universität Halle / Streifzüge durch ihre Geschichtein Forschung und Lehre. (Max Niemeyer Verlag, Halle (Saale) 1944) ist eine Episode zu Krukenberg abgedruckt, die wohl recht gut den Charakter des Mediziners beschreibt:

Ein Grundzug seines Wesens war unbedingte Wahrheitsliebe und Treue. Bei Mangel aller Eitelkeit besaß er doch ein berechtigtest Selbstbewußtsein. Bezeichnend hierfür ist eine kleine Geschichte, die durch Zufall vor einigen Jahren aus den Akten des hallischen Landratsamtes bekannt geworden ist. König Friedrich Wilhelm IV. wollte zur Einweihung der wiederhergestellten alten romanischen Kirche auf dem Petersberg nach Halle kommen und das Hofmarschallamt hatte bei Krukenberg anfragen lassen, ob Seine Majestät bei ihm auf dem Reilsberg wohnen könne. Er antwortete, daß ihm dies eine hohe Ehre sein werde. Dann aber traf eine weitere Anfrage ein, ob er auch silbernes Tafelgeschirr besitze; wenn nicht, wolle man es aus Berlin mitbringen. Hierauf antwortete er: "Wenn Seiner Majestät das Geschirr nicht gefällt, das ich in meinem einfachen Hause habe, so wird ihm auch meine Person nicht gefallen und es wird daher besser sein, wenn ich auf die Ehre verzichte."

Die Rathsapotheke in Königslutter am Elm. Aufnahme um 1875. Abb. entnommen aus: Victor Kwasniewski: Die Rats-Apotheke in Königslutter am Elm. Ralph Lüders, Königslutter 1992Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Visitenkarte im Kasten1856 tritt Krukenberg mit dem Roten Adler-Orden 2. Klasse mit Stern von seinem Amt als Direktor der Universitätsklinik zurück, die Vorlesungstätigkeit setzt er bis zu einem Schlaganfall 1861 fort.

Von seinem beträchtlichen Vermögen bringt Krukenberg 1857 die Summe von 5000 Taler in eine Stiftung der Universität ein, die zur Aufgabe hat junge Mediziner in ihrer wissenschaftlichen Ausbildung zu unterstützen.

Nach Krukenbergs Tode gelangt das Mikroskop offenbar in den Besitz von cand. med. Adolf Steinhausen, die Rückseite seiner Visitenkarte trägt die Vergrösserungstabelle und ist dem Instrument beigegeben. Im Laufe der Jahre findet das Mikroskop seinen Weg in das Elternhaus Krukenbergs: Die Ratsapotheke in Königslutter am Elm. Aus dieser Apotheke wird das Mikroskop verkauft und gelangt schließlich im November 2008 in diese Sammlung.

Friedrich Wilhelm Schiek wird 1790 als Sohn eines Chirurgen in Herbsleben, Thüringen geboren. Sein Vater wechselt den Beruf und zieht mit der Familie nach Frauensee.

Im nahegelegenen Schloß Philippsthal des Prinzen Ernst Constantin zu Hessen-Philippsthal entsteht kurz vor 1800 eine mechanische Werkstatt. Als Nachfolger des Hofmechanicus Heinrich Carl Wilhelm Breithaupt wird 1800 Ludwig Wisskemann als erster Hofopticus und Mechanicus ernannt; bei ihm geht der junge Schiek von 1808 bis 1811 in die Lehre. In Schieks Lehrbrief wird sein Fleiß und gute Benehmen besonders hervorgehoben.

Mit solch guten Referenzen wird Schiek als Mitarbeiter bei Pistor in Berlin aufgenommen. Carl Philipp Heinrich Pistor (1778-1847) hat bereits 1810 einfache physikalische Geräte angeboten und spätestens 1813 eine eigene Werkstätte gegründet, in der neben astronomischen und geodätischen Instrumente auch Mikroskope gefertigt werden. Letztere sind nach dem Vorbild der englischen Geräte gebaut, z.B. nach Jones, Ellis, Adams etc.

Das älteste bekannte Stück mit der Signatur Pistor & Schiek ist der Preußische Ur-Maßstab von 1816. Als Gründungsjahr der Firma Schiek wird schließlich 1819 angegeben, vier Jahre vor Plössl (mit dessen Stil die Mikroskope Schieks häufig verglichen werden). Das optisch-mechanische Institut bezeichnet sich später selbst in Anzeigen als älteste Mikroskopfabrik Deutschlands.

Mikroskop F.W. Schiek in Berlin, No. 63: Mikroskop im KastenMöglicherweise ist Schiek bis zum Jahr 1824 als Zulieferer für Pistor tätig. Danach wird er Teilhaber, die Firma nennt sich Pistor & Schiek. Gegen Ende des Jahres 1836 trennt sich Schieck schließlich von Pistor.

In Dorotheenstraße 31g baut Schiek ab 1837 in eigener Werkstatt Mikroskope. Schon bald siedelt Schiek in die Marienstraße 1a in größere Räume um.

Die mittleren Stative von Plössl, Schiek und Oberhäuser belaufen sich um 1850 auf gut 100 Thaler - das entspricht dem halben Jahrslohn eines gut bezahlten Mechanikers.

Bis Mitte der 1850er verwenden Schiek und Plössl starke Okulare und schwache Objektive - im Gegensatz zu Oberhäuser und Amici welche die Vorteile höherer Auflösung bei umgekehrtem Verhältnis bereits erkannt haben. Zudem werden Mikroskope von Oberhäuser und Hartnack seit Beginn mit festen System ausgeliefert, während Schiek noch bis 1860 zusammensetzbare Objektive baut.

Der "Rothe Adler Orden 4. Klasse" wird Schiek 1858 vom preußischen König für seine Verdienste im Mikroskopbau verliehen. Bis zu diesem Zeitpunkt haben 954 Mikroskope die Werkstatt verlassen. Von 1837 bis 1864 werden insgesamt 1340 Instrumente ausgeliefert.

Die Werkstatt zieht 1864 in die Halleschestraße 15 und zwischen 1868 und 1870 weiter ins Nachbarhaus Nr. 14, Rudolf Virchow (Darstellung der Lehre von den Trichinen, mit Rücksicht auf die dadurch gebotenen Vorsichtsmaßregeln. Verlag von Georg Reimer; Berlin 1864: 49) empfiehlt in jenem Jahr die einfachen Mikroskope von Schiek für die Trichinenschau und gibt in seinem Werk noch die alte Anschrift des berühmten Optikers Schiek in Berlin an. In den Jahren 1860 bis 1864 bildet Schiek seinen Sohn Friedrich Wilhelm Hermann Schieck [sic!] aus, der die Werkstatt schließlich 1865 übernimmt. F.W. Schieck spezialisiert sich auf die Weiterentwicklung handlicher und zugleich leistungsstarker Trichinen- und Reisemikroskope. Sein Vater stirbt 1870.

Über die weitere Geschichte von "F.W.Schieck Berlin", siehe die Diskussionen späterer Instrumente der Firma auf diesen Seiten!

[Vergleiche  die sechs im Text genannten Mikroskope in öffentlichen Museen sowie Referenz 25, 128; Transkription der Anleitung des Mikroskops sowie der Liste der Probeobjekte durch meine Mutter, Margareta Mappes und Dr. Bruno W. Hügel, Universität Eichstätt]


11.10.2009 by Timo Mappes

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