Zeiss Mikroskop; Stativ IIIc von 1876. Mikroskop aus zaponiertem sowie brüniertem Messing und gebläutem Stahl. Das Instrument verfügt über einen ausziehbaren Tubus. Die grobe Fokussierung erfolgt über einen Schiebetubus, die Feineinstellung über einen Prismentrieb an der Säule.Die Beleuchtung erfolgt mittels kipp-, dreh- und schwenkbarem Plan- und Konkavspiegel sowie gewölbter Lochblendenscheibe.
Das Mikroskop ist um die optische Achse drehbar. Die Unterseite des Tisches
zeigt eine dekorativ gewölkte Messingoberfläche.
Die gewölbte Form der Lochblendenscheibe ermöglicht einen denkbar geringen Abstand der Aperturblende zum Objekt und ist ein typisches Merkmal der ersten zusammengesetzten Mikroskope von Carl Zeiss Jena. Das Mikroskop ist ausgerüstet mit einem ungefähr 5 Jahre jüngeren Objektiv C. Zeiss A Nr. 2600 und dem Okular Carl Zeiss Jena 2 aus der Zeit um 1885. |
Zum Transport kann das Stativ sehr kompakt gepackt werden, indem die Hülse des Tubus abgenommen und umgekehrt wieder eingesetzt wird. Dazu umfasst die Hülse des Tubus ein Ring aus Bronze, welcher am gabelartigen Tubusträger über eine sichelförmige Stahlfeder fixiert wird. Alternativ zu dieser Hülse kann auf die Öffnung des Tubusträgers eine Platte aufgelegt werden, die zur Aufnahme eines Präpariersystems dient.
Im Mahagonikasten wird dieses Stativ stehend aufbewahrt.
Auf dem rechteckigen, dunkel gebeizten Fuß ist das Mikroskop mit Schlagbuchstaben signiert:
3042. C. Zeiss Jena
Der Seite 156 des Auslieferungsbuchs der Firma Carl Zeiss Jena ist zu entnehmen, dass dieses Reisestativ IIIc im September 1876 als 2027. zusammengesetztes Mikroskop fertiggestellt wird.
Ohne optische Ausrüstung wird das Mikroskop am 16.06.1877 an die Zoologische Station Neapel ausgeliefert. Der damalige Leiter der Zoologischen Station, Anton Dohrn, ist ein persönlicher Freund von Ernst Abbe. |
Dieses Stativ wird 1876 als Reisestativ vorgestellt. In C.
Nägeli, S. Schwendener: Das Mikroskop (Wilhelm Engelmann, Leipzig
1877) heißt es hierzu:
In neuester Zeit haben wir auch ein von Zeiss verfertigtes Reisemikroskop* kennen gelernt, welches alle Empfehlungen verdient. Dasselbe zeichnet sich namentlich dadurch vortheilhaft aus, dass es ein normales Stativ besitzt und doch nur einen sehr kleinen Raum beansprucht. * Der Besitzer dieses Mikroskops, Prof. Strasburger in Jena, hat dasselbe auch auf der Naturforscherversammlung in Graz vorgezeigt. - Nach einer brieflichen Mittheilung von Zeiss stellt sich der Preis eines solchen Instruments, inclusive Revolver für 4 Objective, einer kleinen Sammlung von Utensilien und eines Linsensystems zum Präpariren - aber ohne weiteren optischen Zubehör - auf 450 Mark. Das Mikroskop erscheint mit einer Abbildung im Zeiss Katalog von 1878. Hier wird das Stativ als VI geführt, mit dem Hinweis "früher IIIc". Im Katalog von 1878 heißt es zu diesem Stativ im Anhang der Mikroskopzusammenstellung mit Objektiven: |
Stativ VI mit einigen Modifikationen zum Zweck
möglichst compendiöser Verpackung. Tubus einschiebbar, die
Führungshülse zum Abnehmen eingerichtet und durch ein
Präparirsystem ersetzbar, welches zwei Vergrösserungen (15 und
30) mit grossen Focalabständen gibt. Revolver für 4 Systeme mit
dem alten ZEISSschen Gewinde; Zeichenprisma Nr. 59, beides bei der Verpackung
am Fuss des Mikroskops anzuschrauben, wobei die Objektive am Revolver verbleiben,
während ein Okular und das Präparirsystem im Tubus Platz finden.
Das Ganze samt Scheere, Skalpell, Rasiermesser, Präparirnadel in einem
verschließbaren Mahagonischränkchen von 21 cm Höhe und 11
x 10 cm Grundfläche. Mit allem hier genannten Zubehör und den Objektiven...................M 450.- |
Im Zeiss-Katalog No. 25. Illustrirrter [sic!] Katalog über
Mikroskope und Nebenapparate aus der optischen Werkstätte von Carl Zeiss
in Jena. erscheint dieses Stativ im Januar 1881 wie folgt:
No.
27. Stativ VI (früher IIIc). Compendiöses Stativ,
27 Cm. hoch, mit Drehung um die optische Achse. Viereckiger Fuss, drehbare
gewölbte Blendungsscheibe unter dem Tisch; grobe Einstellung durch
Verschiebung...Mk. 75 [...] No. 37. Revolver für zwei Objective, mit dem weiten Tubusgewinde; nur für die grossen Stative verwendbar... Mk. 20 No. 38 Revolver für vier Objective, mit dem engen Gewinde meiner Linsenfassungen; auch an den mittleren Stativen verwendbar, jedoch nur mit solchen Objectiven, deren Linsenfassung vom Trichter abgeschraubt werden kann (alle Objective, die mit einfachen Buchstaben bezeichnet sind, von A an, soweit sie nicht Correctionsfassungen besitzen) ... Mk. 20 [...] No. 59. Zeichenprisma (Camera lucida) mit zwei Prismen; zum Aufstecken über dem Ocular - gangbarste Form ... Mk. 21 [...] No. 86. Präparirlupe nach Brücke, mit grossem Focalabstand, 5- bis 6fach vergrössernd ... Mk. 11 In der Zusammenstellung der Mikroskope heißt es dort: mit einer für fast alle Bedürfnisse des wissenschaftlichen Gebrauchs genügenden Ausrüstung.
No. 13 Reise-Mikroskop. Stativ VI mit einigen Modificationen zum
Zweck möglichst compendiöser Verpackung. - Tubus einschiebbar,
die Führungshülse zum Abnehmen eingerichtet und durch ein
Präparirsystem (No. 86) ersetzbar, welches zwei Vergrösserungen
(15 und 30) mit grossen Focalabständen giebt. Revolver für 4 Systeme
(No. 38); Zeichenprisma No. 59, beides bei der Verpackung am Fuss des Mikroskops
anzuschrauben, wobei die Objective am Revolver verbleiben, während einOcular
und das Präparirsystem im tubus Platz finden. Das Ganze sammt Scheere,
Scalpel, Rasirmesser, Präparirnadel in einem verschliessbaren
Mahagoni-Schränkchen von 21 Cm. Höhe und 11 x 10 Cm. Grundfläche.
Noch im Katalog Nr.27 von 1885 erscheint das Stativ in der englischen Ausgabe und wird dem Botaniker Eduard Strasburger (1844-1912) als geistigen Urheber zugeordnet, der 1869-1880 an der Uni versität Jena lehrte:
No. *21 Travelling Microscope after Strasburger Im Katalog Nr. 28 aus dem Jahre 1889 wird das Stativ VI durch ein kleines Hufeisenstativ mit Kippe ersetzt. Offenbar stellte der kleine Revolver für dieses Stativ eine mögliche Ergänzung dar, wurde aber bei den ersten Modellen nicht standardmäßig mit ausgeliefert. Felix Anton Dohrn (1840-1909) studiert Medizin und Zoologie bei Rudolf Virchow, Ernst Haeckel und Carl Gegenbaur in Königsberg, Bonn, Berlin und Jena. 1865 promoviert er in Breslau und habilitiert sich 1868 in Jena, wo er bis 1870 als Dozent für Zoologie lehrt. Dohrn setzt sich seit seiner Arbeit mit Haeckel intensiv mit den Theorien von Charles Darwin auseinander. Auf der Jahresversammlung der Britischen Gesellschaft in Liverpool kommt es zur Bildung eines Komitees mit dem Ziel die Gründung von zoologischen Stationen an verschiedensten Orten der Welt voranzutreiben. Dohrn setzt sich 1870 für Neapel als Standort einer Zoologischen Station zur Erforschung der Meeresfauna ein und bewirkt deren Grundsteinlegung im März 1872. Mit Fertigstellung des Gebäudes im September 1873 treffen hier die ersten Wissenschaftler ein: Zwei Deutsche, drei Briten, zwei Russen, zwei Italiener und ein Holländer. Von 1874 bis zu seinem Tod steht Dohrn der Station als Direktor vor. Hier beforscht er auf Embryologie und vergleichender Anatomie basierend, die Gliederfüßer. Seine Ergebnisse bringen ihn zu dem Schluss die Abstammung der Wirbeltiere auf ringelwurmartige Vorfahren zu fordern. Nicht ungewöhnlich für die Zeit ist seine Heirat mit der erst 16-jährigen Marie de Baranowska 1874. Die Freundschaft zu Ernst Abbe bewirkt das Überlassen der neusten Mikroskopmodelle zu günstigen Preisen oder gar deren Stiftung. Im Gegenzug fließen Anregungen zur Verbesserung der Instrumente zurück. Die Station wird als Leitkunde für Carl Zeiss Jena eine Exportbasis und dient durch ihre Bekanntheit und dem damit verbundenen Besuch verschiedenster Wissenschaftler als eine Art Export-Muster-Lager. Dieses Mikroskop kann im November 2005 aus Los Angeles für die Sammlung erworben werden. [Vergleiche: Referenz 2, 25, 54, 62, 70; Optisches Museum der Ernst-Abbe-Stiftung Jena: "Mikroskop Stativ VI / Reisemikroskop nach Strasburger / Carl Zeiss, Jena / 1876" signiert "1832 2813 C. Zeiss Jena"; The Microscope Collection at the Science Museum London: "Strasburger-Type Travelling Microscope by Zeiss", signiert "1831 2812 C. Zeiss Jena", Seriennummer 2812, Inventory No. A56390 (unvollständig - ohne Objektive) sowie einen einzelnen Revolver in der Sammlung der Royal Microscopical Society: "Four objectives on turret, Zeiss", Inventory No. 325] (Datierung mit freundlicher und äußerst zuvorkommender Unterstützung von Dr. Wolfgang Wimmer, Archiv Carl Zeiss Jena, 09.11.2005) |
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