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Frühes kleines Mikroskop von Engelbert & Hensoldt. Das
Stativ um 1864 besteht aus lackiertem und geschwärztem Messing,
gebläutem Stahl und Eisenguß. Die grobe Einstellung erfolgt über
einen Schiebetubus, dessen Hülse im Durchmesser variiert werden kann,
um so bei Bedarf die Gängigkeit des Lagers einzustellen. Wie bei den
ersten Stativen von Kellner üblich, ist die Rändelschraube für
den Feintrieb unter dem Tisch angebracht, um bequem mit liegender Hand bedient
werden zu können. Auch diese Führung an einer prismatischen Säule
kann mit einer gegen eine Blattfeder wirkende Schraube bei Bedarf nachgestellt
werden. Die Beleuchtung erfolgt über einen doppelseitigen Plan- und Konkav-Spiegel, der für schiefe Beleuchtung aus der optischen Achse bewegt werden kann. Ebenfalls für schiefe Beleuchtung verfügt das unter der Tischplatte befestigte Revolverlochblendenrad über eine schlitzförmige Apertur, neben sieben kreisförmigen Blendenöffnungen. Der elegant wirkende Fuß des Instruments ist als massive rechteckige Platte mit abgerundeten Kanten und gebogener Säule aus geschwärztem Eisenguß gefertigt. Wie auch bei den frühen Mikroskopen aus dem Optischen Institut in Wetzlar, ist der Tisch nicht für Objektklemmen vorgesehen.
Dem Benutzer zugewandt ist das Instrument auf der Tischplatte schlicht signiert:
Engelbert u. Hensoldt |
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![]() ![]() Der holländische Professor Pieter Harting beruft sich in seiner Bewertung dieses Herstellers 1866 (Pieter Harting: Das Mikroskop. Vieweg und Sohn, Braunschweig 1866: III, 195) auf Rud. Wagner (Nachrichten von der Georg-Augusts Universität und der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 19, 1857: 253): Hensoldt in Sonneberg ahmen die Mikroskope Kellners nach, kommen diesen optisch nicht ganz gleich, mechanisch übertreffen sie diese jedoch. Mikroskope mit zwei Linsensystemen und drei Ocularen kosten 50 Thaler, das stärkste Okular wird jedoch als unbrauchbar bewertet. Moritz Hensoldt (1821-1903) wird in Friedrichshall geboren und bei Georg Andreas Wiskemann in Saalfeld zum Mechaniker ausgebildet um nach Abschluß der Lehre auf seiner Wanderschaft 1842/43 bei F.W. Breithaupt in Kassel zu arbeiten. Seine nächste Station ist die Werkstätte von Repsold und Söhne in Hamburg. Im Sommer 1846 lernt er hier Carl Kellner kennen und steht mit diesem nach seiner Lehrzeit stets in engem persönlichen Briefkontakt - trotz immer wieder auftretender Differenzen verbindet beide Männer eine tiefe Freundschaft - Kellner nennt Hensoldt seinen "besten Freund". |
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![]() ![]() Im Jahre 1854 heiratet Moritz Hensoldt Christine Ohlenburger, die Cousine von Carl Kellner und Louis Engelbert. Letzterer ist mittlerweile zum engsten Vertrauten Kellners in dessen Werkstatt geworden. Als Kellner nach der Erkrankung an Tuberkulose sich seines nahenden Ende bewußt wird, weiht er Engelbert in sämtliche Fertigungschritte ein und ermöglicht diesem nach dem frühen Tode Kellners im Mai 1855 eine angemessene Leitung des Optischen Instituts in Wetzlar. Im Todesjahr Kellners arbeitet nun Christian Friedrich Belthle (1829-1869) von Februar bis April 1855 als Gehilfe bei Carl Kellner. Schon bald nach Kellners Tod freundete sich seine Witwe, Maria Mathilde Kellner, geb. Werner (1831-1881) mit Belthle an. Etwa 13 Monate nach Kellners Tod bringt sie ihm im August 1856 eine uneheliche Tochter zur Welt. Noch im Dezember des Jahres heiratet Kellners Witwe Belthle, der damit auch die Werkstätte übernimmt. Hierauf verläßt Engelbert die Firma, um eigenständig Mikroskope in Oberndorf zu bauen. |
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Engelbert und Hensoldt schätzen die Arbeit des jeweils
anderen sehr hoch ein und so verbinden sie sich in Braunfels zu einer gemeinsamen
Firma im Jahre 1861. Auf Veranlassung des Fürsten Ferdinand von Braunfels
werden die Mikroskope im St.-Georgs-Hof gefertigt bis das junge Unternehmen
1865 in das verkehrsgünstiger gelegene Wetzlar übersiedelt. Die
beiden Teilhaber wirken fortan in getrennten Werkstätten, wobei Engelbert
bis zu seinem Tod 1887 die Instrumente mit "Engelbert und Hensoldt in Wetzlar"
signiert.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die wenigen von Engelbert und Hensoldt in Braunfels gefertigten Mikroskope alles Können und Wissen vereinen, dass sie als die engsten Vertrauten von Carl Kellner zusammen mit diesem erarbeitet oder von ihm gelernt haben. Jene Hände die die mechanische Fertigung der ersten Kellner'schen Mikroskope ausführen, wirken nun hier und übertreffen in der Qualität der Arbeiten die Instrumente aus Kellners Zeit noch. Dieses Mikroskop wird noch in den 1920er Jahren von Elisabeth Weber, geb. Clemm (25.12.1898 - 23.12.1986) für ihr Biologiestudium an der Universität München eingesetzt. Aus dem Besitz ihres Sohnes, Martin Weber, kann jenes Mikroskop im Oktober 2003 für die Sammlung erworben werden. |
[Vergleiche: Sammlung des Medizinhistorischen Instituts der Universität Bern: Mikroskop "Engelbert u. Hensoldt. Braunfels. 97.", Inv.-Nr. 2012 - nach Referenz 101 das älteste bekannte erhaltene Mikroskop des Herstellers bis zum Jahre 2001; bei jenem Mikroskop wurde jedoch von Leitz der originale Tubus und die Optik später ergänzt (Anmerkung des Verfassers); Pharmazie-Historisches Museum der Universität Basel: Mikroskop "Engelbert u. Hensoldt. Wetzlar. 325.", Inv.-Nr. M 421]
(Referenz 4, 34, 53, 94, 95, 97, 101 sowie persönliche Korrespondenz
mit Christine Belz-Hensoldt, Château de Marigny, Frankreich,
14.10.2006)
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