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Frühes kleines Mikroskop von Gundlach; Stativ 7
um 1867. Das Mikroskop ist gefertigt aus zaponiertem und geschwärztem
Messing. Das Instrument verfügt über einen Schiebetubus für
die Grobeinstellung und eine Feineinstellung über einen aufwendigen
Mechanismus zur feinen spielfreien Kippung der Tischebene. Die Beleuchtung
erfolgt über einen außerhalb der optischen Achse beweglichen Plan-
und Konkavspiegel. Die Blendung wird über einen Lochblendenrevolver
erzielt. Das Instrument ist in der Ausstattung mit beiden Objektklemmen komplett
erhalten. Liegend wird es im Edelholzkasten untergebracht.
Ausgerüstet ist das Mikroskop mit den Okularen I
und III, bei denen jeweils die
Augenlinse in einer Schiebehülse geführt wird, um so eine individuelle
Einstellung des Okulars für das Auge des Betrachters zu ermöglichen.
Auf dem runden Fuß ist das Mikroskop dekorativ signiert:
No. 120 |
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Ernst Gundlach wird 1834 in Pyritz (Pommern) geboren und geht ab dem 14. Lebensjahr beim Berliner Hofmechaniker Carl Friedrich Lewert in die Lehre. Nach Abschluss seiner Ausbildung dort reist er über Wien und Amsterdam nach Paris um unter anderem in der Werkstatt von Oberhäuser/Hartnack zu arbeiten. Schließlich führt ihn seine Wanderschaft nach Wetzlar wo er im Optischen Institut arbeitet, welches zu jener Zeit (1858) von Friedrich Belthle geleitet wird. In Wetzlar heiratet Gundlach im Sommer 1859 und gründet mit Unterstützung seines aus jener Stadt stammenden Schwagers einen eigenen Betrieb. Die beiden Brüder Wilhelm (1840 1925) und Heinrich (1842 1907) Seibert, welche als Verwandte Kellners noch unter dem Institutsgründer angelernt worden sind, kann Gundlach für seine neue Firma gewinnen und zur Kündigung bei Belthle überreden. Knapp ein Jahr später geht das Unternehmen jedoch wieder ein und Gundlach reist nach England ohne seine Schulden in Wetzlar zu begleichen. Auf den britischen Inseln arbeitet er bei verschiedenen Optikern und Mechanikern und kehrt schließlich nach Deutschland zurück um 1865 ein Optisches Institut in Berlin zu gründen. |
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Die erste Werbung für die Mikroskope Gundlachs in Berlin erscheinen
1865 in Literarischer Anzeiger (1865. No. 4), der Beilagen zu J.C.
Poggendorff [Hrsg.]: Annalen der Physik und Chemie und O. L. Erdmann
und G. Werther [Hrsg.]: Journal für praktische Chemie als:
von vorzüglicher Güte, zu sehr billigen Preisen. 1 Microscop mit 2 Objectiv-Systemen, 2 Ocularen, 60-450fache Vergrösserung 20 Thlr. Mit 3 Objectiven 25 Thlr. Die Querstreifchen in Pleurosigma attenuatum sind scharf und deutlich erkennbar. Proben stehen zur Ansicht bereit. E. Gundlach, Optikus, Berlin, Oranienstr. 19 Im folgenden Jahr heißt es im April in Pharmaceutische Centralhalle (Pharmaceutische Centralhalle für Deutschland, Zeitung für wissenschaftliche und geschäftliche Interessen der Pharmacie VII (46) (15. November 1866): 424): (Botan. Zeitung von Schlechtendal.) Die von Herrn E. Gundlach in Berlin verfertigten Mikroskope verdienen meines Erachtens in hohem Grade empfohlen zu werden. Genauer bekannt sind mir bis jetzt nur die kleineren derselben, z. B. No. 2 mit 2 Objectiv-Systemen und 2 Ocularen, schiefer Beleuchtung, Ocular-Mirkometer [sic!], 50-450facher Vergrösserung, Preis 23 Thlr. Die Bilder sind hell und scharf, namentlich zeichnet sich in penetrirender Wirkung die Objective vor allen mir bekannten kleineren Mikroskopen entschieden aus, indem das starke Objectiv mit Ocular II bei den grossen Exemplaren von Pleurosigma augulata mit schiefer Beleuchtung zwei Liniensysteme, mit Condensator [sic!] die sechseckigen Felder aufs Deutlichste zeigt. Der mechanische Theil ist geschmackvoll und gut gearbeitet. Ein neuerdings ausgegebenes Verzeichnis zählt 18 verschiedene Sorten, von 20-82 Thlrn., bis zu 1000facher Vergrösserung auf. Marburg, im April 1866 A. Wigand, Prof. d. Bot.
Berlin, Oranien-Str. 19. E. Gundlach, Optikus. Während Hartnack 1859 die Wasserimmersion in die moderne Mikroskopie einführt, stellt Gundlach sieben Jahre später Glyzerin-Immersions-Systeme vor und gewinnt bereits 1867 mit diesen Objektiven eine Medaille bei der Weltausstellung in Paris. Gundlach ist mittlerweile innerhalb Berlins umgezogen; mit neuer Anschrift heißt es in Pharmaceutische Centralhalle (Pharmaceutische Centralhalle für Deutschland, Zeitung für wissenschaftliche und geschäftliche Interessen der Pharmacie VIII (44) (31. October 1867): 388):
Die Mikroskope welche auf der diesjährigen Pariser Weltausstellung allein unter allen Mikroskopen Deutschlands durch eine Preis-Medaille ausgezeichnet worden sind, werden hiermit zu nachstehenden Preisen empfohlen: Kleines Stativ mit grober und feiner Einstellung, schiefer Beleuchtung; mit 3 Objectiv-Linsen, 1 Ocular, bis 200fach vergr. 12 Thlr. Das nämliche Stativ mit Diaphragma, 2 Objectiv-Systemen, 2 Ocularen, bis 450fach vergr. 20 Thlr. Grösseres Stativ, mit 2 Objectiv-Systemen, 2 Ocularen, Mikrometer 26 Thlr. Stativ mit festem Tisch; feiner Einstellung an der Tubussäule (an vielen Universitäten bereits eingeführt); mit 2 Objectiven, 2 Ocularen, Mikrometer 32 Thlr. Dasselbe mit 3 Objectiven 36 Thlr. Dasselbe mit 4 Objectiven, das stärkste System für Immersion, bis 1200fach vergr. 50 Thlr. Preis-Courant gratis.
Nr. 7 Einfaches Mikroskop. Runder Messingfuss. Schnelle Bewegung des Tubus durch freie Schiebung; genaue Einstellung mittelst am Objecttische befindlicher feiner Schraube; drehbare Blendscheibe mit 5 Diaphragmen; Hohlspiegel nach beiden Seiten hin beweglich. Hierzu die Objective Nr. II und Nr. V, Oculare Nr. I und III; letzteres mit Mikrometer zum Einschieben; Vergrösserung 70-500fach; 3 Test-Objecte, 6 Objectträger, Deckgläser etc. In Mahagonikasten... 26 Thlr. Dasselbe Instrument ohne Mikrometer ... 24 Thlr. Vor der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin stellt der Physiologe Gustav Theodor Fritsch im Februar 1869 ein großes Mikroskop von Ernst Gundlach vor. Seit 1867 ist Fritsch Assistent am Anatomischen Institut der Universität Berlin. 1870 veröffentlicht er zusammen mit Eduard Hitzig (1838-1907) die erste deskriptive Lokalisationslehre der motorischen Hirnrinde und wird 1874 zum außerordentlichen Professor für Physilogie der Universität Berlin ernannt. In Botanische Zeitung (Hugo von Mohl, Anton de Bary [Hrsg], Jahrgang 27, Heft 32) vom 6. August 1869 heißt es auf Seite 534-536:
Gesellschaften.
Hr. G. Fritsch stellte ein grosses
Mikroskop vor von E. Gundlach in Berlin (Verlängerte Ritterstrasse
26.), und erläuterte die originellen, den Anforderungen der neueren
Zeit sehr vollkommen entsprechenden Einrichtungen desselben, wovon Manches
auch eigene Erfindungen des genannten Optikus ist. Hierher gehört die
Art der feineren Einstellung mittelst einer Parallelogrammverschiebung des
Tubus, wodurch der todte Gang der Schraube, sowie ein Rücken des Bildes
vollständig vermieden wird; ob diese Einrichtung sich auch durch
Dauerhaftigkeit auszeichnet, muss die Zukunft lehren. In Bezug auf die
anderweitige Ausstattung ist noch erwähnenswerth der schöne, nach
Hartnack'schem Muster construirte Polarisationsapparat, trefflich gearbeiteter
Oberhäuser'scher Zeichenapparat, Revolver zum schnellen Wechseln der
Objektive etc.
Ein besonderes Verdienst hat sich Gundlach durch Herstellung von Immersionssystemen erworben, bei denen die kostspielige Correction der Hartnack'schen Linsen durch Eintauchen in einen mehr oder weniger concentrirten Glycerintropfen sinn- und erfolgreich ersetzt wird; die Gundlach'schen Immersionssysteme lösen bei geradem Licht und sehr starker Vergrösserung die Streifen von Pleurosigma angulatum mit ungewöhnlicher Vollkommenheit und stehen, soweit meine bisherigen Erfahrungen reichen, den Hartnack'schen Immersionslinsen nur in der Lichtstärke etwas nach. Dabei ist ihr Preis äusserst mässig; er beträgt für System 7 mit Glyzerin-Immersion und Oeffnungswinkel 175°, Vergrösserung 1140, nur 12 Thlr., während bei Hartnack das Immersionssystem Nr. 9 150 Frcs., Nr. 10 200 und Nr. 11 250 Frcs. kostet; ein Gundlach'sches Immerionssystem mit Correction kostet 15 Thlr. Sehr empfehlendswerth ist auch Gundlachs Präparirmikroskop, deren eins im Besitz des hiesigen phytophysiologischen Instituts ist; es kostet mit zwei Doubletts (Vrg. 10 und 20) und festem Mahagonikasten, zum Auflegen der Hände eingerichtet, 12 Thlr. Prof. F. J. Cohn bleibt treuer Kunde von Gundlach und so ist im 48. Jahres-Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur (Josef Max und Komp., Breslau 1871: 97) zu lesen, dass Cohn für das Pflanzenphysiologische Institut der Universität Breslau ein Stativ Nr. 5 von E. Gundlach mit den Objektiven II, IV, VI und VIII erworben hat und bei der fünften Versammlung der Gesellschaft im Frühjahr 1870 diesen Optiken bescheinigt, eine colossale Stärke der Vergrösserung, Reinheit des Bildes, Grösse des Gesichtsfeldes und der Focaldistanz [zu vereinigen] wie sie in dieser Vollendung bisher allein Hartnack zu leisten im Stande war. |
Durch diese Reputation und hohe Löhne gelingt es Gundlach die ihm
aus der Vergangenheit bekannten Gebrüder Seibert in Wetzlar bereits
1866 bzw. 1867 für die Produktion von Optiken und Stativen für
seine Berliner Firma zu überzeugen. Beide haben mittlerweile Erfahrung
in anderen Werkstätten gesammelt und beliefern zuvor Belthle in Heimarbeit,
bis sie schließlich ausschließlich für Gundlach
fertigen. Während Heinrich Seibert Mikroskoplinsen zur Fassung
nach Berlin liefert, produziert Wilhelm Seibert Stative für Ernst Gundlach.
Noch bevor das Mikroskop mit der Seriennummer 750 gefertigt wird zieht das expandierende Unternehmen im Februar 1871 in der Leibnitzstraße nach Charlottenburg; von nun an lautet die Signatur auf den Mikroskopen nur noch E. Gundlach. Die überdurchschnittlich hohen Löhne werden Gundlach zum Verhängnis und so muss er im August 1872 Konkurs anmelden. Mit finanzieller Beteiligung des Wetzlarer Kaufmanns Georg Krafft machen sich Wilhelm und Heinrich Seibert wenige Monate zuvor selbständig und stellen ihre Lieferungen an Gundlach ein, da dieser die Wechsel nicht mehr begleicht. Im Spätsommer 1872 übernimmt diese Firma das Unternehmen von Gundlach und signiert die Mikroskope zunächst noch mit E. Gundlach. In den Wintermonaten 1873 wird das Mikroskop mit der Seriennummer 1000 gefertigt. Schließlich verlegt man die Werkstätte mit dem Namen E. Gundlach's Nachfolger Seibert & Krafft zum 1. Oktober 1873 nach Wetzlar. Die Nummerierung von Gundlach wird ohne Unterbrechung weitergeführt.
(Referenz 2, 37, 89) |
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