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Großes Mikroskop von Gundlach; Stativ 2 um 1869; Mikroskop aus zaponiertem, geschwärztem und vernickeltem Messing sowie gebläutem Stahl. Das Instrument verfügt über einen Auszugstubus. Die grobe Fokussierung erfolgt über Zahn und Trieb, die Feineinstellung über Parallelogrammführung, zu bedienen durch ein Rändelrad unter der Tischebene. Der Tisch ist drehbar ausgeführt und in Inkrementen zu 2° geteilt. Über zwei Stahlschrauben lässt sich die Zentrierung des Tisches fein einstellen. | |||
![]() Die Beleuchtung erfolgt über einen vierfach gelagerten Plan- und Konkavspiegel. Unter der Tischplatte befindet sich in einem Schlitten in Schwalbenschwanzführung eine über einen Hebelmechanismus in der Höhe stufenlos verstellbare Hülse zur Aufnahme einer Zylinderlochblende. Für diese Zylinderblende sind dem Mikroskop drei Apertureinsätze beigegeben; alternativ dazu kann ein Dunkelfeldkondensor mit drei einzeln einschwenkbaren zentralen Blenden in die Hülse gesteckt werden. Das Mikroskop ist um 1890 mit einem Kondensor mit Irisblende von Carl Zeiss Jena nachgerüstet worden.
E. Gundlach Ausgerüstet ist das Mikroskop mit den Okularen I, II und III sowie dem Mikrometerokular. Die Trockenobjektive No I, No II, No IV, No V und die Immersionsobjektive mit Korrektur No VI, No VII und No IX werden gemeinsam in einer lederbezogenen Schatulle aufbewahrt. Die erhaltene Vergrößerungstabelle belegt die vollständige Erhaltung der optischen Ausrüstung des Mikroskops. Der vierfache Objektivrevoler ist als Kalotte konstruiert, um beim Wechseln der Objektive das Eindringen von Staub in die Optiken zu vermeiden. |
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Als Zeichenapparat ist dem Mikroskop eine Camera Lucida nach Oberhäuser beigegeben. Das Mikroskop wird im Mahagonikasten liegend untergebracht. |
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Ernst Gundlach wird 1834 in Pyritz (Pommern) geboren und geht ab dem
14. Lebensjahr beim Berliner Hofmechaniker Carl Friedrich Lewert in die Lehre.
Nach Abschluss seiner Ausbildung dort reist er über Wien und Amsterdam
nach Paris um unter anderem in der Werkstatt von
Oberhäuser/Hartnack zu arbeiten.
![]() ![]() Knapp ein Jahr später geht das Unternehmen jedoch wieder ein und Gundlach reist nach England ohne seine Schulden in Wetzlar zu begleichen. Auf den britischen Inseln arbeitet er bei verschiedenen Optikern und Mechanikern und kehrt schließlich nach Deutschland zurück um 1865 ein Optisches Institut in Berlin zu gründen. |
![]() Neue Microscope von vorzüglicher Güte, zu sehr billigen Preisen. 1 Microscop mit 2 Objectiv-Systemen, 2 Ocularen, 60-450fache Vergrösserung 20 Thlr. Mit 3 Objectiven 25 Thlr. Die Querstreifchen in Pleurosigma attenuatum sind scharf und deutlich erkennbar. Proben stehen zur Ansicht bereit. E. Gundlach, Optikus, Berlin, Oranienstr. 19 |
Im folgenden Jahr heißt es im April in Pharmaceutische
Centralhalle (Pharmaceutische Centralhalle für Deutschland, Zeitung
für wissenschaftliche und geschäftliche Interessen der Pharmacie
VII (46) (15. November 1866): 424):
![]() (Botan. Zeitung von Schlechtendal.) Die von Herrn E. Gundlach in Berlin verfertigten Mikroskope verdienen meines Erachtens in hohem Grade empfohlen zu werden. Genauer bekannt sind mir bis jetzt nur die kleineren derselben, z. B. No. 2 mit 2 Objectiv-Systemen und 2 Ocularen, schiefer Beleuchtung, Ocular-Mirkometer [sic!], 50-450facher Vergrösserung, Preis 23 Thlr. Die Bilder sind hell und scharf, namentlich zeichnet sich in penetrirender Wirkung die Objective vor allen mir bekannten kleineren Mikroskopen entschieden aus, indem das starke Objectiv mit Ocular II bei den grossen Exemplaren von Pleurosigma augulata mit schiefer Beleuchtung zwei Liniensysteme, mit Condensator [sic!] die sechseckigen Felder aufs Deutlichste zeigt. Der mechanische Theil ist geschmackvoll und gut gearbeitet. Ein neuerdings ausgegebenes Verzeichnis zählt 18 verschiedene Sorten, von 20-82 Thlrn., bis zu 1000facher Vergrösserung auf.
A. Wigand, Prof. d. Bot. Meine neuesten Mikroskope sind nicht nur die billigsten aller gegenwärtig verfertigten, sondern auch namentlich in ihrer optischen Leistung unübertroffen, und erkläre ich, dass ich dasjenige von mir gelieferte Mikroskop, welches von irgend einem anderen, nicht später als das meinige verfertigten, in seinem optischen Vermögen auch nur im mindesten übertroffen werden sollte, jederzeit selbst nach jahrelangem Gebrauch, unter Rückerstattung des vollen Betrages und sämmtlicher Unkosten zurücknehme. Preis-Courant gratis, Zahlung nach erfolgter Effectuirung. Berlin, Oranien-Str. 19. E. Gundlach, Optikus. |
Während Hartnack 1859 die Wasserimmersion in die moderne Mikroskopie
einführt, stellt Gundlach sieben Jahre später
Glyzerin-Immersions-Systeme vor und gewinnt bereits 1867 mit diesen Objektiven
eine Medaille bei der Weltausstellung in Paris. Gundlach ist mittlerweile
innerhalb Berlins umgezogen; mit neuer Anschrift heißt es in
Pharmaceutische Centralhalle (Pharmaceutische Centralhalle für
Deutschland, Zeitung für wissenschaftliche und geschäftliche Interessen
der Pharmacie VIII (44) (31. October 1867): 388):
welche auf der diesjährigen Pariser Weltausstellung allein unter allen Mikroskopen Deutschlands durch eine Preis-Medaille ausgezeichnet worden sind, werden hiermit zu nachstehenden Preisen empfohlen: Kleines Stativ mit grober und feiner Einstellung, schiefer Beleuchtung; mit 3 Objectiv-Linsen, 1 Ocular, bis 200fach vergr. 12 Thlr. Das nämliche Stativ mit Diaphragma, 2 Objectiv-Systemen, 2 Ocularen, bis 450fach vergr. 20 Thlr. Grösseres Stativ, mit 2 Objectiv-Systemen, 2 Ocularen, Mikrometer 26 Thlr. Stativ mit festem Tisch; feiner Einstellung an der Tubussäule (an vielen Universitäten bereits eingeführt); mit 2 Objectiven, 2 Ocularen, Mikrometer 32 Thlr. Dasselbe mit 3 Objectiven 36 Thlr. Dasselbe mit 4 Objectiven, das stärkste System für Immersion, bis 1200fach vergr. 50 Thlr. Preis-Courant gratis. |
Das hier gezeigte Stativ 2 wird schließlich im Preis-Courant
des optischen Institutes von E. Gundlach in Berlin aus dem Oktober 1869
angeboten als:
Diesem Mikroskop fehlen die in der Beschreibung aufgeführten No. 18 und 23. Sie sind im Preis-Courant verzeichnet als: Nr. 18 Polarisations-Apparat mit Goniometer; nach Hartnack, verbessert (mit Nonius und Fadenkreuz) ... 20 Thlr. Nr. 23 Grosses Beleuchtungs-Doublet für opake Objecte, auf besonderem Stativ mit schwerem Messingfuss ... 8 Thlr. Damit kostet das hier gezeigte Mikroskop in der vorliegenden Ausstattung im Jahre 1869 insgesamt 207 Thaler. |
Vor der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin stellt
der Physiologe Gustav Theodor Fritsch im Februar 1869 ein solches großes
Mikroskop von Ernst Gundlach vor. Seit 1867 ist Fritsch Assistent am Anatomischen
Institut der Universität Berlin. 1870 veröffentlicht er zusammen
mit Eduard Hitzig (1838-1907) die erste deskriptive Lokalisationslehre der
motorischen Hirnrinde und wird 1874 zum außerordentlichen Professor
für Physilogie der Universität Berlin ernannt. In Botanische
Zeitung (Hugo von Mohl, Anton de Bary [Hrsg], Jahrgang 27, Heft 32) vom
6. August 1869 heißt es auf Seite 534-536:
Hr. G. Fritsch stellte ein grosses Mikroskop vor von E. Gundlach in Berlin
(Verlängerte Ritterstrasse 26.), und erläuterte die originellen,
den Anforderungen der neueren Zeit sehr vollkommen entsprechenden Einrichtungen
desselben, wovon Manches auch eigene Erfindungen des genannten Optikus ist.
Hierher gehört die Art der feineren Einstellung mittelst einer
Parallelogrammverschiebung des Tubus, wodurch der todte Gang der Schraube,
sowie ein Rücken des Bildes vollständig vermieden wird; ob diese
Einrichtung sich auch durch Dauerhaftigkeit auszeichnet, muss die Zukunft
lehren. In Bezug auf die anderweitige Ausstattung ist noch erwähnenswerth
der schöne, nach Hartnack'schem Muster construirte Polarisationsapparat,
trefflich gearbeiteter Oberhäuser'scher Zeichenapparat, Revolver zum
schnellen Wechseln der Objektive etc.
Ein besonderes Verdienst hat sich Gundlach durch Herstellung von Immersionssystemen erworben, bei denen die kostspielige Correction der Hartnack'schen Linsen durch Eintauchen in einen mehr oder weniger concentrirten Glycerintropfen sinn- und erfolgreich ersetzt wird; die Gundlach'schen Immersionssysteme lösen bei geradem Licht und sehr starker Vergrösserung die Streifen von Pleurosigma angulatum mit ungewöhnlicher Vollkommenheit und stehen, soweit meine bisherigen Erfahrungen reichen, den Hartnack'schen Immersionslinsen nur in der Lichtstärke etwas nach. Dabei ist ihr Preis äusserst mässig; er beträgt für System 7 mit Glyzerin-Immersion und Oeffnungswinkel 175°, Vergrösserung 1140, nur 12 Thlr., während bei Hartnack das Immersionssystem Nr. 9 150 Frcs., Nr. 10 200 und Nr. 11 250 Frcs. kostet; ein Gundlach'sches Immerionssystem mit Correction kostet 15 Thlr. Sehr empfehlendswerth ist auch Gundlachs Präparirmikroskop, deren eins im Besitz des hiesigen phytophysiologischen Instituts ist; es kostet mit zwei Doubletts (Vrg. 10 und 20) und festem Mahagonikasten, zum Auflegen der Hände eingerichtet, 12 Thlr.
Durch diese Reputation und hohe Löhne gelingt es Gundlach die ihm aus der Vergangenheit bekannten Gebrüder Seibert in Wetzlar bereits 1866 bzw. 1867 für die Produktion von Optiken und Stativen für seine Berliner Firma zu überzeugen. Beide haben mittlerweile Erfahrung in anderen Werkstätten gesammelt und beliefern zuvor Belthle in Heimarbeit, bis sie schließlich ausschließlich für Gundlach fertigen. Während Heinrich Seibert Mikroskoplinsen zur Fassung nach Berlin liefert, produziert Wilhelm Seibert Stative für Ernst Gundlach. Noch bevor das Mikroskop mit der Seriennummer 750 gefertigt wird zieht das expandierende Unternehmen im Februar 1871 in der Leibnitzstraße nach Charlottenburg; von nun an lautet die Signatur auf den Mikroskopen nur noch E. Gundlach. Die überdurchschnittlich hohen Löhne werden Gundlach zum Verhängnis und so muss er im August 1872 Konkurs anmelden. Mit finanzieller Beteiligung des Wetzlarer Kaufmanns Georg Krafft machen sich Wilhelm und Heinrich Seibert wenige Monate zuvor selbständig und stellen ihre Lieferungen an Gundlach ein, da dieser die Wechsel nicht mehr begleicht. Im Spätsommer 1872 übernimmt diese Firma das Unternehmen von Gundlach und signiert die Mikroskope zunächst noch mit E. Gundlach. In den Wintermonaten 1873 wird das Mikroskop mit der Seriennummer 1000 gefertigt. Schließlich verlegt man die Werkstätte mit dem Namen E. Gundlach's Nachfolger Seibert & Krafft zum 1. Oktober 1873 nach Wetzlar. Die Nummerierung von Gundlach wird ohne Unterbrechung weitergeführt. |
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Von dem hier gezeigten Stativ werden demnach wohl nur wenige Exemplare gefertigt. Es ist in einer Privatsammlung nur ein weiteres erhaltenes Stativ Nr. 2 (Seriennummer 312) bekannt, von dessen optischer Ausstattung jedoch nur noch ein einziges Objektiv erhalten ist. Das hier gezeigte Mikroskop wird in den 1960er Jahren bei einem Antiquitätenhändler in London verkauft und gelangt aus britischem Privatbesitz im Januar 2008 in die Sammlung. (Finanzierung des Mikroskops mit einem zinslosen Kredit von Dr. Tilman Halder) (Referenz 2, 37, 89) |
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