Großes petrografisches Forschungsmikroskop nach
Wülfing von Winkel-Zeiss aus dem Jahre 1925. Bei diesem Mikroskop
handelt es sich um das größte Modell eines Polarisationsmikroskops
dieses Herstellers. Es verfügt über einen teilweise geöffneten
Tubus mit über Zahn und Trieb im Fokus nachzustellender Bertrandlinse
und einen weiteren graduierten Innentubus.
Eine Stange verbindet Polarisator und Analysator, so dass eine synchrone Drehung der Nicolprismen ermöglicht wird. Die Okularhöhe des Instruments hat in Fokusstellung und mit gänzlich eingefahrenem Innentubus eine Gesamthöhe von 360 mm. Auf dem Tubus befindet sich die Signatur:
Göttingen Nr.28353 Das Schwestermikroskop der Seriennummer 28349 ist in verschiedenen Druckschriften von Winkel-Zeiss abgebildet und ist in der frühesten Ausgabe auf den 01. August 1925 datiert. Das baugleiche Mikroskop der Seriennummer 28378 wird am 18. April 1929 ausgeliefert; es werden demnach offenbar im Schnitt keine acht Mikroskopstative VI M pro Jahr ausgeliefert. Der Tisch des Mikroskops lässt sich über sowohl rasch per Hand drehen, als auch über einen einschaltbaren Schneckentrieb sehr fein für genaue Messungen der Drehung regulieren - zu deren Bestimmung sind zwei Nonien für die Drehung angebracht. Die Mechanik des Kreuztisches ist komplett gekapselt. Der Beleuchtungsapparat mit einer einklappbaren zweiten Kondensorlinse und einem Polarisator mit quadratischem Aperturquerschnitt und 20 mm Kantenlänge kann über einen Schneckentrieb abgefahren werden. Der große vierfache Objektivrevolver verfügt über eine Einzelzentrierung der Objektivaufnahmen. |
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Das hier gezeigte Instrument ist ausgestattet mit den
Kompensationsokularen Winkel-Zeiss Göttingen Ks.
Fd. 2 und Winkel-Zeiss Göttingen Ks.
5 sowie dem Komplanatischen
Mikrometerokular Winkel-Zeiss Göttingen
Complanat. Mikrometer Ocular 3.
An Objektiven finden sich in signierten und bezeichneten Metalldosen die Trockenobjektive Winkel-Zeiss Göttingen 0 Nr. 39596, Winkel-Zeiss Göttingen Fluorit 13 mm Nr. 37953, Winkel-Zeiss Göttingen Fluorit 8,5 mm Nr. 37949 und Winkel-Zeiss Göttingen Fluorit 3 mm Nr. 36582 sowie das Immersionsobjektiv Winkel-Zeiss Göttingen Fluorit 1,8 mm Nr. 36198. Das mit Monobromnaphtalin zu verwendende hochaperturige Immersionsobjektiv zur Achsenwinkelbestimmung Winkel-Zeiss Göttingen Awi Ap. 1,52 Nr. 31419 und der zugehörige Achsenwinkelkondensor Awi-Condensor Ap. 1,53 sind ebenfalls vorhanden. |
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Neben dem Standardzubehör aus Metallstreifen mit Diaphragma nach G.W. Grabham und Gaußschem Spiegel ist dem Mikroskop ein Aufsatzdiaphragma nach A. Ehringhaus sowie ein Vertikalilluminator mit Polarisator Winkel-Zeiss Göttingen Nr. 8371 beigegeben. |
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Das Instrument wird in R.Winkel G.m.b.H. Göttingen, optische
und mechanische Werkstätte: Großes mineralogisches Mikroskop
VIM nach E. A. Wülfing (Druckschrift Nr. 254, Buchdruckerei des
Waisenhauses, Halle (S.) 01.08.1925) angeboten als:
Preise.
Stativ VI M mit fest eingebauten Linsen für telezentrischen Strahlengang,
Einrichtung zur synchronen Drehung der Nicols, mit 4fachem Revolver,
Gauß'schem Spiegelglas und Diaphragma nach G. W. Grabham, einschl.
Schrank RM. 1400.-
Da die Preise für Rohkalkspat, aus welchem die Polarisationsprismen für mineralogische Mikroskope hergestellt werden, in den letzten Jahren sehr starken Steigerungen erfahren haben, so mußten die Preise der Polarisationsprismen dementsprechend herausgesetzt werden. Um nun den Grundpreis der Stative, in denen die Preise der Kalkspatoptik üblicherweise enthalte waren, nicht dauernd ändern zu müssen, haben wir einen Mehrpreis für Kalkspatoptik eingeführt, der den Schwankungen des Kalkspatpreises entsprechend geändert wird. Als optische Ausrüstung empfehlen wir: [...] |
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In R.Winkel G.m.b.H. Göttingen, optische und mechanische
Werkstätte: Zubehörteile und Nebenapparate für mineralogische
Mikroskope (Druckschrift Nr. 255, Buchdruckerei des Waisenhauses, Halle
(S.) 01.08.1925) erscheint das weitere Zubehör des Mikroskops wie
folgt:
Vorrichtungen zur Untersuchung der Achsenbilder kleiner Kristalle. [...] Aufsatzdiaphragma nach A. Ehringhaus. 1) Das Diaphragma von 0,4 mm Durchmesser wird oberhalb des Okulares in den Strahlengang des Polarisations-Mikroskopes eingeschaltet, um die Achsenbilder kleiner, das Gesichtsfeld eines starken Mikroskopobjektives nicht ausfüllender Kristalle nach der Methode von Amici-Bertrand, also mit dem durch Okular und Bertrandlinse gebildeten Hilfsmikroskop, zu beobachten. Bei Benutzung eines Mikrometerokulares, dessen Skala man für die Messungen von Achsenwinkeln geeicht hat, können so auch bei ganz kleinen Kristallen noch Messungen von Achsenwinkeln oder Winkeln der Bisektricen gegen die Plattennormalen vorgenommen werden. Der Diaphragmenaufsatz wird mit einer durch Schieberohr veränderlichen Diaphragmenhöhe geliefert. Wird der Aufsatz zusammen mit einem Mikroskop bezogen, so markieren wir die richtige Stelle des Diaphragmas für Achromat 7, in Verbindung mit Bertrandlinse und Meßokular 3 durch Strichmarke. An Stelle von Achromat 7 kann auch Fluorit-System 3 mm treten.
1) A. Ehringhaus, Vorrichtung zur optischen Isolierung der Interferenzbilder sehr kleiner Kristalle unter dem Polarisations-Mikroskop. Centr.-Blatt f. Min. usw. 1919 S. 155-159 [...] |
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Apparate zur Erz- und
Metalluntersuchung. [...]
Dem hier gezeigten Mikroskop fehlt aus dieser Ausstattung nur der Aufsatzanalysator. Offenbar wird es 1925 für die Verwendung mit dem Universaldrehtisch nach Fedorow angeschafft. Der Preis in der vorliegenden Ausstattung beträgt demnach zu jenem Zeitpunkt den stolzen Preis von 2501,50 Reichsmark. |
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Mit den Optiken dieses Mikroskops sind nach der Tabelle in R.Winkel G.m.b.H. Göttingen, optische und mechanische Werkstätte: Optik für mineralogische Mikroskope mit Vergrößerungstabelle (Druckschrift Nr. 256, Hubert & Co. G.m.b.H., Göttingen um 1928) folgende Vergrösserungen möglich:
Die Achsenwinkelimmersion wird zusammen mit Monobromnaphtalin als Immersionsflüssigkeit und dem zugehörigen Achsenwinkelkondensor verwendet, standardmäßig ist das Anbringen dieses Kondensors nur bei dem hier geziegten Stativ VI M möglich, die Stative IV M und V M können aber gegen Aufpreis mit dem großen Beleuchtungsapparat von VI M ausgerüstet werden. Das sehr große Stativ ist zum Umlegen eingerichtet und derart massiv und aufwändig gestaltet, dass Winkel-Zeiss dieses Instrument auch als Teil einer optischen Bank empfiehlt, zumal bei horizontaler Kippung des Stativs die Höhe der optischen Achse über der Standfläche des Mikroskops 230 mm beträgt. Um die Anwendung des Instruments als Teil einer solchen optischen Bank zu erleichtern, verfügt dieses Gerät als besonderes Kennzeichen über einen in der Höhe verstellbaren Dorn, der mit entsprechendem linsenförmigen Gegenlager an der Säule des Mikroskops eine feine Einstellung des Neigungswinkels des horizontal gekippten Instruments gewährleistet. |
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Dieser
komplexe Nebenapparat trägt die Signatur
Göttingen Nr. 3010
Der Tisch ist ausgestattet mit zwei Segmentpaaren n D = 1,516 und n D = 1,649. Im bereits zitierten Katalog wird dieser Tisch angeboten als: Universal-Drehtisch D 4 nach Fedorow, mit 4 Drehachsen, einschl. 2 Paar Kugelsegmenten mit den Brechungsexponenten [sic!] nD = 1,516 und nD = 1,649 und einem Paar Federklemmen, in Behälter, Fig. 48... Das Ablesen der Drehung der inneren Kippachse erfolgt hier nicht über die Wright'schen Bügel , wie bei den ersten von Winkel-Zeiss angebotenen Universaldrehtischen (und den Tischen von Ernst Leitz Wetzlar). Statt dessen ist ein massiver Konus mit Teilung angebracht - diese gedrungene Form dient der Vermeidung von Beschädigung durch mechanisches Anstoßen. |
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Besonders interessant am Stativ nach Wülfing ist die
ständige Optimierung des Mikroskops. Die erste Veröffentlichung
von E.A. Wülfing zu diesem Mikroskop Ein neues Polarisationsmikroskop
und kritische Betrachtungen der bisherigen Konstruktionen als 6. Abhandlungen
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Carl Winters
Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1918) zeigt das Stativ noch ohne
den Dorn am Hufeisen. Das Modell von 1923 hat einen weit größeren
integrierten Kreuztisch und den erwähnten Dorn, um das große Mikroskop
umgelegt als Teil einer optischen Bank verwenden zu können.
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Um 1935 schließlich wird ein weiter
optimiertes Stativ VI von
Winkel-Zeiss angeboten.
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Dieses Mikroskop kann im Juni 2008 aus der Auflösung der
Hautklinik der Universität Leipzig erworben werden. Das Gerät steht
dort lange Zeit im Keller - und dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit
ursprünglich aus dem Institut für Mineralogie der Universität
Leipzig stammen. Dieses Institut wird 1909-1928 von Prof. Friedrich Rinne
(1863-1933) und 1928-1945 von Prof. Karl-Hermann Scheumann (1881-1964) geleitet;
letzterer erweitert nach seinem Amtsantritt 1928 vor allem die petrographischen
Sammlungen.
Am 04.12.1943 werden bei einem Bombenangriff das Institut in der Talstraße 38 und fast alle Sammlungen vernichtet. Nur die petrographischen Arbeitssammlungen im Keller des Hauses können gerettet werden. Im Mai 1945 muss Karl-Hermann Scheumann mit ausgewähltem Inventar auf Anordnung der US-amerikanischen Militärbehörden Leipzig verlassen und wirkt fortan in Bonn. In den Jahren 1946 -1960 bleibt der Lehrstuhl vakant und das Institut wird kommissarisch geleitet. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kann davon ausgegangen werden, dass dieses Instrument in der Hautklinik niemals für medizinische Zwecke eingesetzt wird, denn für bakteriologische Untersuchungen ist das Mikroskop nicht geeignet und für gewöhnliche histologische Mikroskopie in der Bedienung viel zu komplex. Folgende Vermutung liegt mit dem skizzierten historischen Hintergrund nahe: Dieses Instrument wird als das technisch aufwendigste Polarisationsmikroskop seiner Zeit entweder noch in der Zeit von 1925 bis 1927 von Friedrich Rinne angeschafft, oder von dessen Nachfolger Karl Hermann Scheumann 1928 als petrographisches Arbeitsinstrument. Da Scheumann insbesondere die petrograpischen Sammlungen ausbaut, kann angenommen werden, dass er das Instrument erwerben lässt und es als hochwertiges Arbeitspferd am Tag der Bombardierung des Instituts im Kellerlabor die kriegsbedingten Zerstörungen übersteht. Möglicherweise um das hochwertige Mikroskop als eines der wenigen überhaupt erhaltenen Instrumente des mineralogischen Instituts zu schützen, wird es daraufhin im Keller einer der Universitätskliniken eingelagert - und gerät hier in den Wirren der letzten Kriegsmonate in Vergessenheit. |
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Bezogen wird das Mikroskop offenbar direkt aus Leipzig: auf der Innenseite der Türe des Mahagonikastens ist ein Schild des Händlers angebracht - der Firmenname von Zeiss wird von dem Vertreter in der Universitätsstadt Leipzig hier allerdings falsch geschrieben: Karl Zeiß statt Carl Zeiss:
Franz Hugershoff G.m.b.H. |
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