Großes petrografisches Forschungsmikroskop nach Wülfing
von Winkel-Zeiss aus dem Jahre 1936, persönliches Mikroskop von Joachim
Lietz. Bei diesem Mikroskop handelt es sich um das größte Modell
eines Polarisationsmikroskops dieses Herstellers. Es verfügt über
einen teilweise geöffneten Tubus mit über Zahn und Trieb im Fokus
nachzustellender Bertrandlinse und einen weiteren graduierten Innentubus.
Eine Stange verbindet Polarisator und Analysator, so dass eine synchrone Drehung der Nicolprismen ermöglicht wird. Die Okularhöhe des Instruments hat in Fokusstellung und mit gänzlich eingefahrenem Innentubus eine Gesamthöhe von 360 mm. Auf dem Tubus befindet sich die Signatur:
Göttingen Nr. 47941 Der Tisch des Mikroskops lässt sich über sowohl rasch per Hand drehen, als auch über einen einschaltbaren Schneckentrieb sehr fein für genaue Messungen der Drehung regulieren - zu deren Bestimmung sind zwei Nonien für die Drehung angebracht. Die Mechanik des Kreuztisches ist komplett gekapselt. Der Beleuchtungsapparat mit einer einklappbaren zweiten Kondensorlinse und einem Polarisator mit quadratischer Apertur und 20 mm Kantenlänge kann über einen Schneckentrieb abgefahren werden. Dieses Mikroskop wird in R.Winkel G.m.b.H.: Polarisations-Mikroskope und Nebenapparate (Druckschrift 50, Januar 1941) wie folgt angeboten: Großes mineralogisches Forschungs-Mikroskop VIM Stativ VIM, mit Telanlinsen und vierfachem Zentrierrevolver, großem Kreuztisch mit Teilung in 360°, Nonius 0,1°, zwei Feinmeßschrauben von je 15 mm Spielraum, Trommelteilung 0,01 mm, einschließlich Beleuchtungsapparat R num. Apertur 1,4, Einrichtung zur synchronen Drehung der Nicols um 210°, Gauß'schem Spiegelglas, Diaphragma nach Grabham und Schrank...misek Als optische Ausrüstung empfehlen wir: |
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Aufsatzanalystor 2 mit Index und Teilung in ganze
Grade, in Behälter...eusa
Objektiv für ausetzbare Drehtische: Achromat F 13,5...fedren Vertikalilluminator M mit exzentrischer Irisblende und totalreflektierendem Prisma einschließlich Spiegelvorrichtung und Verlängerungsstange, in Behälter...milla In summa beläuft sich der Neupreis dieser Ausstattung in den späten 1930ern auf ungefähr 2000 Reichsmark (knapp 1500 RM entfallen hierbei auf das Mikroskopstativ). Als Vergrößerungstabelle ergibt sich bei der Ausstattung dieses Mikroskops: |
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Der große vierfache Objektivrevolver verfügt über
eine Einzelzentrierung der Objektivaufnahmen.
Das hier gezeigte Instrument ist ausgestattet mit den Okularen Winkel-Zeiss Göttingen H. M. 9 x (Mikrometer), Winkel-Zeiss Göttingen H. F. 12 x, Winkel-Zeiss Göttingen Photo 6 x, Winkel-Zeiss Göttingen Photo 12x und Winkel-Zeiss Göttingen Photo 18x. Als optische Hilfspräparate sind die Verzögerungsplatten Gips Rot I. Ordn. und Glimmer lambda/4 sowie der Quarzkeil Quarz I.-III. Ordn. jeweils in Metallfassung beigegeben. Die Standardobjektive Winkel-Zeiss Göttingen 2,5 M Nr. 86638, Winkel-Zeiss Göttingen 10 M Ap. 0,35 Nr. 102055, Winkel-Zeiss Göttingen 23 M Ap. 0,60 Nr. 94137 und Winkel-Zeiss Göttingen 42 M 47 E Ap. 0,86 Nr. 97875 sowie das Objektiv für homogene Immersion Winkel-Zeiss Göttingen H.I. 69 M Ap. 1,30 Nr. 99942 sind vorhanden. Das Achsenwinkelsystem Winkel-Zeiss Göttingen Awi Apert. 1,52 Nr. 101877 (Brennweite f = 4 mm) mit dem passenden Kondensor Awi-Kond. Ap. 1,52 (Brennweite f = 5 mm) gleicher Apertur von 1.52 ist ebenfalls Teil der Mikroskopausstattung und gestattet die Beobachtung von Interferenzbildern im konvergenten Licht bei hohen Aperturen. |
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Als weitere Sonderobjektive sind ein Objektiv 8 mm Oel Immersion Ernst Leitz Wetzlar, ein Objektiv für die Verwendung mit dem Universaldrehtisch Winkel-Zeiss Göttingen F. 13,5 Nr. 85359 und ein Objektiv kurzer Bauart zur Verwendung mit dem Opakilluminator und ohne Deckglas Winkel-Zeiss Göttingen 24 E.o.D. Ap. 0,60 Nr. 83355 beigegeben. Zu jedem dieser neuen Objektive ist die passende Hülse erhalten, in welche teilweise der Name des Besitzers Lietz eingeritzt ist. Ein Aufsatzanalysator in Winkel-Zeiss Göttingen Analysator kann zur Verwahrung in einer hellen Holzschatulle mit der Aufschrift Analysator in der Tür des massiven Mahagonischrankes aufbewahrt werden. Abgerundet wird das umfangreiche optische Zubehör durch einen Gauß'schen Spiegel, den Metallstreifen mit Diaphragma nach G. W. Grabham und einen Opakilluminator Winkel-Zeiss Göttingen Nr. 102856, welcher ebenfalls in einer hellen Holzschatulle verwahrt wird. |
Das sehr große Stativ ist zum Umlegen eingerichtet und derart massiv
und aufwändig gestaltet, dass Winkel-Zeiss dieses Instrument auch als
Teil einer optischen Bank empfiehlt, zumal bei horizontaler Kippung des Stativs
die Höhe der optischen Achse über der Standfläche des Mikroskops
230 mm beträgt. Um die Anwendung des Instruments als Teil einer solchen
optischen Bank zu erleichtern, verfügt dieses Gerät als besonderes
Kennzeichen über einen in der Höhe verstellbaren Dorn, der mit
entsprechendem linsenförmigen Gegenlager an der Säule des Mikroskops
eine feine Einstellung des Neigungswinkels des horizontal gekippten Instruments
gewährleistet.
Das Mikroskop ist für die Aufnahme auch sehr hoch bauender Nebenapparate geeignet und durch die synchrone Drehung von Polarisator und Analysator besonders für sämtliche Untersuchungen mit dem Fedorow'schen Universaldrehtisch geeignet. Besonders interessant am Stativ nach Wülfing ist die ständige Optimierung des Mikroskops. |
Die erste Veröffentlichung von E.A. Wülfing zu diesem Mikroskop Ein neues Polarisationsmikroskop und kritische Betrachtungen der bisherigen Konstruktionen als 6. Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Carl Winters Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1918) zeigt das Stativ noch ohne den Dorn am Hufeisen. Das Modell von 1923 hat einen weit größeren integrierten Kreuztisch und den erwähnten Dorn, um das große Mikroskop umgelegt als Teil einer optischen Bank verwenden zu können. Als verbesserte Konstruktion wird das Instrument ab 1925 als Großes mineralogisches Mikroskop VIM nach E. A. Wülfing angeboten.
Um 1935 schließlich wird das hier gezeigte weiter optimiertes Stativ VI von Winkel-Zeiss eingeführt.
Der Tubus dieses Mikroskops wird nach Auskunft des Zeiss-Archivs am 20. April 1936 gefertigt.
Bei dem hier gezeigten Mikroskop handelt es sich um das
persönliche Instrument von Joachim Lietz (1904 - 1983). Lietz wird als
Sohn eines Fabrikdirektors in Minsk, Weißrussland geboren und muss
kriegsbedingt ab 1914 privat unterrichtet werden. Ein russisches Buch über
Mineralogie und Geologie weckt sein Interesse für Gesteine. Nach dem
Abitur in Hamburg studiert Lietz ab 1924 Chemie, Physik und Mineralogie in
Hamburg und Freiburg, sein Studium finanziert er sich u.a. als Hafenarbeiter
in Hamburg. Ab 1929 ist Lietz Hilfsassistent am Mineralogisch-Petrographischen
Institut Hamburg und promoviert dort am 21.02.1931 in der Mineralogie mit
der Dissertation Beiträge zur Kenntnis der
Pyromorphit-Mimetesit-Vanadinit-Gruppe. Nach einem Gastaufenthalt 1934
am Kaiser-Wilhelm-Institut für Silikatforschung in Berlin kehrt Lietz
nach Hamburg zurück und arbeitet hier in der Edelsteinprüfungs-
und Forschungsabteilung am Mineralogischen Institut der Hansischen
Universität. 1938 folgt die Habilitation, 1939 wird Lietz kommissarischer
Leiter des Hamburger Instituts und wird zum Dozenten für Mineralogie
und Petrographie an der Universität Hamburg ernannt.
Lietz nimmt am Polenfeldzug teil, wird 1940 aber als unabkömmlich zurückgestellt und erhält den Betrieb am Mineralogisch-Petrographischen Institut Hamburg aufrecht. Durch seine Russischkenntnisse wird Lietz jedoch 1941 als Dolmetscher in die Kriegsmarine eingezogen. |
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1944 erfolgt die Zurückstellung für den Lehrbetrieb und
Forschungsarbeiten. Lietz' persönlichen Notizen ist zu entnehmen:
Im Februar 1944 wurde ich auf Antrag von Prof. Harteck, Hamburg, der dem so genannten "Uranverein" angehörte, von der Marine freigestellt, um ein damals sehr aussichtslos erscheinendes Anreicherungsverfahren von Uran 235 wenigstens zu probieren. |
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Ab Ende 1945 arbeitet Lietz für das chemische
Labor der Margarine Union, 1948 werden alle Berufseinschränkungen wieder
aufgehoben und Lietz tritt einen Lehrauftrag für Mineralogie am Institut
in Hamburg an. 1952 erfolgt die Ernennung zum außerplanmäßigen
Professor. Das alte mineralogische Institut an der Binnenalster muss Mitte der 1950er Jahre wegen Quecksilberbelastung abgerissen werden und Lietz wird in den Aufbau des neuen Instituts eingebunden. Neben wissenschaftlichen Arbeiten und Vorlesungen führt Lietz zu jener Zeit viele Gutachten für deutsche und schweizer Juweliere aus. 1969 scheidet Lietz aus der Universität aus und siedelte nach Imperia über, hier stirbt er 1983. Im Dezember 2007 wird das Mikroskop von seiner Tochter Almut Lietz an diese Sammlung verkauft. (Bestimmung des Tubus als M VI mit freundlicher Unterstützung von Dr. Wolfang Wimmer, Archiv Carl Zeiss Jena 19.12.2007) |
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